Eheähnliche Gemeinschaft

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Eheähnliche Gemeinschaft

Neuer Beitragvon Cato » Donnerstag 4. August 2005, 01:20

Eheähnliche Gemeinschaft
Quelle/Autor: Holger von oben

Ob in bestimmten Fällen eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt oder nicht, kann häufig anhand der vorliegenden unvollständigen Informationen niemand zuverlässig beantworten. Dafür ist die Anzahl der vorliegenden Indizien, die für und gegen eine eheähnliche Gemeinschaft sprechen, oft zu gering und somit nicht ausreichend. Wer anhand weniger Indizien dennoch eine entsprechende Feststellung treffen will, handelt in meinen Augen nicht seriös.

Die richtige Beurteilung, ob zwischen bestimmten Personen eine eheähnlichen Gemeinschaft vorliegt, ist im Sozialhilferecht ohnehin eines der schwierigsten Unterfangen. Die vom Sozialamt durchzuführende Prüfung ist äußerst umfangreich und nirgendwo werden von Sozialämtern so viele Fehler gemacht, wie bei der korrekten Beurteilung zur eheähnlichen Gemeinschaft, leider in der Regel zum Nachteil der Hilfeempfänger.

Dieses liegt daran, dass viele Sozialämter bereits wenige Indizien häufig für ausreichend erachten, um eine eheähnliche Gemeinschaft festzustellen und diese vorschnell zu diagnostizieren. Zum einen liegt bei den Sozialämtern Unaufgeklärtheit vor, mangelnde Aus- und Weiterbildung der Sachbearbeiter, aber auch bewusst rechtswidrige und willkürliche Handlungsweisen kommen vor. Sofern Hilfeempfänger die Feststellung der eheähnlichen Gemeinschaft aufgrund eigener mangelnder Informiertheit klaglos hinnehmen, wird die Angelegenheit nicht weiter verfolgt und untersucht, die Hilfeempfänger müssen sich mit einer falschen Einschätzung zufrieden geben und verzichten in der Regel auf die ihnen vom Gesetzgeber zugedachten Geldmittel.

Diejenigen Fälle, die aufgrund von eingeleiteten Gerichtsverfahren noch einmal aufgerollt werden, zeigen bei genauerer Untersuchung, dass die Beurteilung des Sozialamtes in mehr als der Hälfte der Fälle falsch war. Nach tatsächlichen objektiven Gesichtspunkten lag in diesen Fällen keine eheähnliche Gemeinschaft vor, obwohl das Sozialamt eine solche (aus Nachlässigkeit oder Vorsatz - das soll dahingestellt bleiben) festgestellt hatte.

Wer nun allerdings daraus schlussfolgert, dass analog dazu dann in fast der Hälfte der Fälle das Sozialamt vor Gericht Recht bekommt mit seiner Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft, der irrt. Derartige Gerichtsverfahren gehen nur im einstelligen Prozentbereich zugunsten des Sozialamtes aus. Letzteres liegt aber nicht daran, dass keine eheähnliche Gemeinschaft vorläge, sondern daran, dass das Sozialamt verpflichtet gewesen wäre, den Sachverhalt umfangreich zu prüfen und alle Indizien (pro und contra) zu analysieren und gegeneinander abzuwägen. Die Beweislast für eine eheähnliche Gemeinschaft liegt nämlich beim Sozialamt. Es ist nicht der Hilfesuchende, der die Vermutung des Sozialamtes widerlegen oder entkräften müsste. Diese Pflicht zur umfangreichen Aufklärung versäumen Sozialämter in der Regel aufgrund mangelnder Sachkenntnisse auf diesem Gebiet. In den Fällen, in welchen tatsächlich eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, führt dieses Versäumnis dann zum Unterliegen des Sozialamtes vor Gericht, also aus rein formaljuristischen Gründen und nicht wegen falscher Beurteilung des Sachverhalts.

Erstaunlicherweise liegt aus tatsächlichen Gesichtspunkten weitaus seltener eine eheähnliche Gemeinschaft vor, als gemeinhin angenommen wird. Wer anhand seriöser Informationen feststellen möchte, ob und wann eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, dem empfehle ich den nachfolgenden Aufsatz von Dr. Carsten Tegethoff zur intensiven Lektüre.
Das nachfolgende Zitat ist entnommen aus ZFHS/SGB 11/2001:

Die Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sozialrecht
Von Carsten Tegethoff [Dr. Carsten Tegethoff, Berliner Platz 5a, 97080 Würzburg]

Die Entwicklung der Rechtsprechung zu § 122 S. 1 BSHG seit BVerwG, Urt. v. 17.5.1995, BVerwGE, 98, S. 195 ff.


Im folgenden Aufsatz sollen die Probleme der Sozialverwaltungsbehörden bei der Feststellung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft am Beispiel des § 122 S. 1 BSHG dargestellt werden. Hintergrund ist die häufige Beanstandung der diesbezüglichen Feststellungen durch die Gerichte, wonach die Abwägung der für und gegen die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft sprechenden Indizien von den Sozialverwaltungsbehörden oftmals nur unzureichend vorgenommen worden ist. Um bei der Anwendung der einschlägigen Vorschriften mehr Rechtssicherheit sowohl für die Behörden als auch für die betroffenen Personen zu gewinnen, werden anhand der Rechtsprechung diejenigen Gesichtspunkte hervorgehoben, die von den Sozialverwaltungsbehörden bei der Prüfung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft zu beachten sind.


A. Problemdarstellung

Eheähnliche Gemeinschaften zwischen Männern und Frauen dürfen nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht besser gestellt werden als Ehen und Familien, oder anders ausgedrückt: Ehen und Familien dürfen wegen Art. 6 Abs. 1 GG im Verwaltungsvollzug faktisch nicht schlechter gestellt werden als nicht verheiratete Lebenspartner [Vgl. BVerfG, U. v. 17.11.1992, BVerfGE 87 S. 234 ff. zu § 137 Abs. 2a AFG (heute: §§ 193 Abs. 2, 194 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Siehe allgemein zur verfassungsrechtlichen Problematik der eheähnlichen Gemeinschaft im Sozialrecht Rehmsmeier/Steinbock, ZFSH/SGB 1999, S. 204 ff. sowie zur Behandlung nichtehelicher Lebensgemeinschaften Grziwotz, FamRZ 1994, S. 1217 ff. und FamRZ 1999, S. 413 ff.]
Dies gilt auch für den Bereich des Sozialrechts. Dementsprechend sieht etwa § 122 S. 1 BSHG vor, dass Hilfesuchende, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden dürfen als Ehegatten. Konsequenz ist, dass die Sozialverwaltung bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen etwa von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt gern. §§ 11 ff. BSHG nach § 11 Abs. 1 S. 2 BSHG nicht nur das Einkommen, und Vermögen des Hilfesuchenden, sondern auch dasjenige des in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partners zu berücksichtigen haben. Dies kann im Einzelfall zu einer (teilweisen) Ablehnung des Antrags auf die begehrte Sozialhilfeleistung führen.

Die Sozialhilfebehörden stehen hier vor dem Problem, dass eine eheähnliche Gemeinschaft von persönlichen, inneren Bindungen geprägt ist und deshalb ihre Feststellung im Rahmen des Normenvollzuges Schwierigkeiten bereitet. Diese liegen weniger im Bereich der Definition der eheähnlichen Gemeinschaft (dazu unter B), sondern vielmehr, da den Behörden für das Vorliegen einer solchen Gemeinschaft die Beweis- bzw. Feststellungslast trifft (dazu unter C), in der Erforschung und dem Nachweis der maßgebenden Indizien, die für oder gegen die Annahme einer solchen Gemeinschaft sprechen. Die Schwierigkeiten führen nicht zuletzt dazu, dass es regelmäßig zur Aufhebung der Verwaltungsentscheidungen und zur Verpflichtung der Sozialhilfebehörden durch die Verwaltungsgerichte kommt, den entsprechenden Regelsatz ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Lebenspartners zu gewähren, weil die Feststellungen nicht ausreichen, um von einer eheähnlichen Gemeinschaft im Einzelfall ausgehen zu können. Nachfolgend sollen daher unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung die Anforderungen an die Feststellung einer solchen Gemeinschaft dargestellt und erläutert werden.


B Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft

Nach der früheren Rechtsprechung des BVerwG [Vgl. BVerwGE 52, S. 11(12). Einen Überblick zur früheren Rechtsprechung gibt Paul, ZFF 1995, S. 217ff.] lag eine eheähnliche Gemeinschaft vor, wenn zwischen einem Mann und einer Frau eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht, sie also "aus einem Topf wirtschaften". Auf innere Bindungen, geschlechtliche Beziehungen oder Verpflichtungen zur Unterhaltsgewährung oder gemeinsamer Lebensführung kam es nicht an, da es für die Frage der Gewährung von Sozialhilfe nur darauf ankomme, ob die für die Führung eines menschenwürdigen Lebens notwendigen Mittel vorhanden seien. [Vgl. BVerwGE 52, S. 12(15).]

Unter Berücksichtigung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu § 137 Abs. 2 a AFG gab das BVerwG seine Rechtsprechung auf und definiert seit dem Urteil vorn 17.5.1995 die eheähnliche Gemeinschaft wie folgt [Vgl. BVerwGE 98, S. 195 = ZFSH/SGB 1995, S. 302 DVBL 1995, S. 1184 NJW = 1995, S. 2802 = FEVS 46. S. 1 im Anschluss an BVerfGE 87, S. 234 (264 f.). Siehe dazu die Besprechung von Zöller, ZFSH/SGB 1996, S.302 ff.]: Sie liegt vor, wenn sie als auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht und sich - im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensge­mein­schaft - durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen. Denn nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht getrennt lebender Ehegatten im Hinblick auf die Anrechnung von Einkommen und Vermögen vergleichbar. [Nach Münder, in LPK-BSHG, 5. Aufl. 1998, Rdnr. 6 ff. zu § 122, enthält der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft ein personales und ein materielles Element. Auf personaler Ebene liege die Eheähnlichkeit in der besonderen auf den jeweiligen Partner bezogenen, auf Dauer angelegte Bindung, wozu auch die Exklusivität dieser Bindung gehöre und in der sich die Partner für einander verpflichtet fühlen. Auf materieller Ebene müsse zudem eine tatsächliche Unterstützung und eine tatsächliche Leistungserbringung durch den Partner stattfinden.]


Diese Änderung der Rechtsprechung hatte eine entsprechende Erhöhung der Anforderungen an die Sozialhilfebehörden hinsichtlich der Feststellung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft zur Folge. Während früher anhand von Indizien festgestellt werden musste, ob der Hilfe Suchende mit seinem Partner in einer Wohngemeinschaft lebt und beide zur Haushaltsführung beigetragen haben, [Vgl. etwa BVerwG, U. v. 20.1.1977, FEVS 25, S. 278 (280 f.); OVG Bremen, U. v. 5.8.1975, FEVS 24, S. 71 (74 f.); OVG Lüneburg, B. v. 10.6.1983, OVGE 37, S. 407 (408 f.); B. v. 3.8.1984, FEVS 34, S, 464 (467); VGH Bad.-Württ., U. v. 9.4.1986, ESVGH 36, S. 251 (252 ff.);VG Würzburg, U. v. 24.5.1984, Az. W 3 K 85 A.0436.] sind nunmehr weitergehende Indizien heranzuziehen, die auf eine innere Bindung zwischen dem Hilfe Suchenden und dessen Partner im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft schließen lassen. Es muss nunmehr aus den äußeren Umständen auf die Intensität einer persönlichen Beziehung und eine hieraus folgende "Unterstützungsbereitschaft" geschlossen werden, wobei eine Gesamtwürdigung aller für und wider das Bestehen einer solchen Gemeinschaft streitenden Gesichtspunkte erforderlich ist. [Vgl. nur OVG Lüneburg. B. v. 26.1.1998, FEVS 48, S. 545 (546) unter Bezugnahme auf BVerwGE 98. S. 195 ff. sowie BayVGH, B. v. 1.7.1998, FEVS 49, S. 107 (110); ebenso Zöller, ZFSH/SGB 1996, S. 302 (306). Einen ausführlichen Überblick über die Entwicklung des Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft in der Rechtsprechung geben Puhr/Breest, ZFSH/SGB 1997, S. 463ff.] Diese erweiterte Feststellungslast können - wie im Folgenden zunächst aufzuzeigen sein wird - die Sozialverwaltungsbehörden nicht auf den Antragsteller abwälzen.


C Die Feststellungslast der Behörden

Die Behörden haben das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft darzulegen und ggf. nachzuweisen, was ihnen nur anhand von Kriterien und Indizien im Einzelfall möglich ist. Hierbei dürfen sie sich bei ihren nach § 20 SGB X von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen auf Hinweistatsachen stützen, die zu weiteren Ermittlungen Anlass geben können und Rückschlüsse auf die zwischen den Partnern bestehenden Bindungen zulassen.

In der Verwaltungspraxis wird diese Feststellungslast zuungunsten des Hilfesuchenden häufig nicht ausreichend beachtet. Die Sozialhilfebehörden erfahren zumeist im Rahmen der Antragstellung, dass der Hilfesuchende in einer Wohngemeinschaft mit einer anderen Personen lebt. Sie ermitteln - soweit nicht auch im Antrag angegeben - die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der beiden und schließen, wenn sich das Zusammenleben bereits über einen längeren Zeitraum erstreckt, (voreilig) auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Oftmals werden dann die Hilfesuchenden im Verwaltungsverfahren aufgefordert, den gegenteiligen Sachverhalt darzulegen und ggf. zu beweisen. Gelingt dies nicht, wird das Vermögen und Einkommen des Partners beim Hilfe Suchenden berücksichtigt. Diesem bleibt dann nur noch die Möglichkeit, seinen Anspruch im gerichtlichen Verfahren durchzusetzen, der zur Kassation der Verwaltungsentscheidung und zur Verpflichtung der Behörden führt, weil die von ihnen festgestellten Indizien nicht ausreichen, um von einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgehen zu können. Die Behörden haben ihre Ermittlungen in derartigen Fällen oftmals zu früh eingestellt und die Feststellungslast auf den Hilfe Suchenden abgewälzt.

Allerdings ist der VGH Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 14.4.1997 [ZFSH/SGB 1998, S. 471 (474 ff.); zustimmend Mergler/Zink, BSHG, Stand: März 2000. Rdnr. 9a zu § 122.] den Sozialhilfebehörden in dieser Problematik entgegengekommen. Er hat ausgeführt, dass der Sozialhilfeträger in dem für die Feststellung maßgeblichen Bereich der inneren Bindungen keine Zugang habe und dies bei der Verteilung der Sachverhalts- und Beweislast berücksichtigt werden müsse. Lebten somit zwei Partner in einer Wohngemeinschaft zusammen, dürfe der Sozialhilfeträger grundsätzlich davon ausgehen, dass eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegen könne und er vor der weiteren Hilfegewährung weitere Ermittlungen anstellen dürfe. Da der Sozialhilfeträger nicht die Motive der Partner für ihr Zusammenleben kenne, sei es Sache des Hilfe Suchenden, plausible Gründe darzulegen, die die Wohngemeinschaft als reine Zweckgemeinschaft ausweisen, was innere Bindungen ausschließen würde. Dies kann aber m. E. nur in Betracht kommen, wenn die Sozialhilfebehörden bereits das Vorliegen einer Wohngemeinschaft festgestellt und diesen Aspekt mit weiteren Indizien im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung gewichtet haben. Nur diese Auslegung der Entscheidung ist mit der Feststellungslast der Behörde vereinbar, wie sie in der Entscheidung des BVerwG [B. v. 24.6.199, Az 5 B 114/98] bestätigt worden ist. Hiernach müssen sich die Sozialhilfebehörden bei der Bestimmung der eheähnlichen Gemeinschaft bestimmter Hinweistatsachen bzw. Indizien bedienen. Für die Feststellung ist stets das Gesamtbild der für den streitgegenständlichen Zeitraum feststellbaren Indizien entscheidend. Bei diesen Indizien handelt es sich um äußere Umstände, die die behördliche und auch tatrichterliche Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft im Rahmen einer Würdigung des Gesamtbildes ermöglichen und daher für die Annahme einer Umkehr der Beweislast bei Vorliegen einer langjährigen Wohngemeinschaft keinen Raum lassen. Zur angedeuteten Beweislastumkehr des VGH Baden-Württemberg führte das BVerwG aus, dass es sich insoweit um nicht urteilstragende Erwägungen gehandelt habe, weil die Vorinstanz in inhaltlicher Übereinstimmung mit den aufgestellten Grundsätzen aufgrund einer Wertung der Gesamtumstände entschieden habe. [ebenda.]

Um die Verwaltungsentscheidung nicht bereits wegen unzureichender Sachverhaltsaufklärung bzw- unzulässiger Abwälzung der Feststellungslast anfechtbar werden zu lassen, haben die Sozialhilfebehörden daher zu berücksichtigen, dass allein aus dem Umstand des Bestehens einer Wohngemeinschaft wegen der damit verbundenen Nähe der Lebenspartner zueinander zwar ein, gewisses und gewichtiges Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft abgeleitet werden und so auch Anknüpfungspunkt für weitere sachverhaltsaufklärende Maßnahmen sein kann (nicht muss). Hieraus folgt aber keine "Umkehr der Beweislast" dergestalt, dass dann den Partnern der Wohngemeinschaft der Nachweis einer bloßen "Zweckgemeinschaft" obliegt. Vielmehr bedarf die Feststellung, ob sich das Zusammenleben in einer Wohngemeinschaft bereits zu einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft verdichtet hatte, die Bindungen der Partner einer Wohngemeinschaft in der streitgegenständlichen Zeit also bereits so eng waren, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden konnte, und die Bindung auf Dauer angelegt ist, einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalles ohne eine förmliche Umkehr der Beweislast. [So das OVG Lüneburg, B. v. 26.1.1998, FEVS 48, S. 545 (547) und OVG Saarland, B. v. 3.4.1998, FEVS 48, S. 557.]

Allerdings darf den Sozialhilfebehörden im Rahmen ihrer Feststellungslast bei dem Nachweis des Bestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft nichts aufgebürdet werden, was sie schlechterdings nicht erfüllen können. [Vgl. OVG Lüneburg, B. v. 26.1.1998, FEVS 48, S. 545 (547).] Aus diesem Grunde ist es umso wichtiger, da von einer Umkehr der Beweislast nicht ausgegangen werden darf, die einzelnen Indizien und ihre Gewichtung zu definieren und somit allen Beteiligten Rechtssicherheit für den Normenvollzug zu geben.


D Die Hinweistatsachen

Das BVerwG [B. v. 24.6.1999, Az. 5B 114/98.] hat in seinen neueren Entscheidungen beispielhaft verschiedene Hinweistatsachen aufgeführt, die für die Prüfung der eheähnlichen Gemeinschaft maßgebend sind. Gewichtigstes Indiz ist eine lange Dauer des Zusammenlebens. Bei Zusammenfall des Beginns des Zusammenlebens mit dem Beginn des Leistungszeitraums spielen auch die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor Begründung der Wohngemeinschaft, der Anlass für das Zusammenziehen, die konkrete Lebenssituation der Partner während der streitgegenständlichen Zeit und die - nach außen erkennbare -Intensität der gelebten Gemeinschaft eine Rolle.
Es kommen sämtliche Indizien in Betracht, die Rückschlüsse auf den streitgegenständlichen Zeitraum zulassen. In zeitlicher Hinsicht können sie vor der Antragstellung liegen oder danach, indem sie die im streitgegenständlichen Zeitraum gewonnenen Erkenntnisse durch Ereignisse z. B. nach Ergehen der Widerspruchsentscheidung bestätigen. Zu denken ist etwa an ein langes Fortdauern der Gemeinschaft über den maßgeblichen Zeitraum hinaus, was Berücksichtigung finden kann. [BVerwG, U. v 17.5.1995, BVerwGE 98, 5. 195 (200). Andererseits spricht eine nach dem streitgegenständlichen Zeitraum erfolgte Trennung nicht gegen das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zu einem früheren Zeitpunkt. vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 20.8.1997, Az. 12A 12441/96.]. Die Behörden haben die für und gegen eine eheähnliche Gemeinschaft sprechenden Hinweistatsachen, soweit es ihnen möglich ist, zu ermitteln und im Rahmen der Gesamtwürdigung zu gewichten. Nur wenn sie zu dem Ergebnis kommen, dass die für eine eheähnliche Gemeinschaft sprechenden Indizien überwiegen, dürfen sie dies ihrer Verwaltungsentscheidung zugrunde legen. [Entsprechend gilt für das Verfahren nach § 123 VwGO, dass ein Anspruch auf Sozialhilfe des Hilfe Suchenden ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens des Partners bereits dann glaubhaft gemacht worden ist, wenn die für und gegen das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft sprechenden Indizien bei der gebotenen summarischen Prüfung etwa gleiches Gewicht haben; Vgl. VG Würzburg, B. v. 7.3.2001, Az. W 3 E 00.120 unter Bezugnahme auf BayVGH, B. v. 15.9.1994, Az. 12 CE 94.2219.].

Im Mittelpunkt der Hinweistatsachen stehen zum einen die Wohngemeinschaft des Hilfe Suchenden und seines Partners und zum anderen deren konkrete Lebenssituation und die nach außen erkennbare Intensität ihrer gelebten Gemeinschaft, weshalb hierauf im Folgenden näher eingegangen werden soll.


1 Die Wohngemeinschaft

Das BVerwG hat in seiner Entscheidung vom 24.6.1999 hervorgehoben, dass das gewichtigste Indiz für eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne einer Einstehensgemeinschaft eine lange Dauer des Zusammenlebens vor Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums ist. Hintergrund dürfte sein, dass bei Lebenspartnern, die sich entschlossen haben, ihre Zukunft gemeinsam zu verbringen, davon auszugehen ist, dass ihre inneren Bindungen am Anfang des Zusammenlebens sich noch nicht so verdichtet haben, dass sie mit denjenigen inneren Bindungen von Ehegatten vergleichbar sind. Erst wenn die Lebens­partner einen längeren Zeitraum zusammen gelebt haben, kann dies dafür sprechen, dass zwischen ihnen eine innere Bindung entstanden ist, die ein gegenseitiges Einstehen füreinander begründet. Die Sozialhilfebehörden haben daher den Hilfe Suchenden nach der Dauer des Zusammenlebens mit dem Wohngemeinschaftspartner zu fragen, um ggf. Rückschlüsse für den Leistungs­zeit­raum ziehen zu können. Wie lang der Zeitraum des Zusammenlebens gewesen sein muss, damit die Behörden zum Zeitpunkt des beantragten Leistungszeitraums von einem für die eheähnliche Gemeinschaft sprechenden Indiz ausgehen können, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Als Maßstab werden in der Literatur mindestens zwölf Monate genannt. [So die Interpretation der Rechtsprechung durch Mergler/Zink, BSHG, Stand März 2000, Rdnr. 6 zu § 122. Dies galt jedoch etwa nicht in dem vorn OVG Saarland, B. v. 3.4.1998, FEVS 48, S. 557 ff. zu entscheidenden Fall.]

Auf das gewichtigste Indiz einer bereits bestehenden Wohngemeinschaft können die Behörden dann nicht zurückgreifen, wenn der Beginn des Leistungszeit­raums mit dem Beginn des Zusammenlebens zusammenfällt, sodass Anhalts­punkte für eine bestehende Verdichtung inneren Bindungen insoweit nicht bestehen. In diesen Fällen, so das BVerwG, können die Behörden auf die Dauer und die Intensität der Bekanntschaft vor Begründung der Wohngemeinschaft und den Anlass für das Zusammenziehen abstellen.[18 BVerwG, B. v. 24.6.1999, AZ 5 B 114/98.] Problematisch ist insoweit jedoch, dass die Behörden bei der Feststellung dieser Indizien oftmals auf die persönlichen Erklärungen des Hilfe Suchenden und dessen Partners angewiesen sind, weil objektiv feststellbare Hinweistatsachen etwa mangels Zeugen oder anderer Beweismittel unerreichbar sind. Die Berücksichtigung derartiger persönlicher Erklärungen wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird ein Rückgriff hierauf grundsätzlich abgelehnt, da mit Blick auf das in den Art. 6 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 GG verankerte Schlechterstellungsverbot von Ehe und Familie gegenüber eheähnlichen Gemeinschaften nur auf solche Indizien zurückgegriffen werden dürfe, die von den persönlichen Erklärungen der Betroffenen unabhängig sind. Deren Erklärungen dürften daher allenfalls nur vorsichtig und eingeschränkt berücksichtigt werden. [VGH Bad.-Württ., U. v. 14.4.1997, ZFSH/SGB 1998. S. 471 (474).] In anderen Gerichtsentscheidungen hingegen wurden persönliche Erklärungen des Hilfe Suchenden im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ohne weiteres als Hinweistatsachen in die Würdigung der für und gegen das Vorliegen einer Einstehensgemeinschaft sprechenden Indizien einbezogen. [20 OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 20.8.1997, Az 12 A 12441/96.] M. E. sind persönliche Erklärungen nicht allein aus verfassungs­recht­lichen Gründen von der Beweiswürdigung ausgenommen. Zwar werden derartige Erklärungen meist mit Blick auf die rechtliche Situation des Hilfeempfängers gemacht, doch muss in jedem Fall berücksichtigt werden, dass der Hilfe Suchende möglicherweise ein anderes Verständnis von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft hat, als es für den Normenvollzug maßgebend ist. Vor diesem Hintergrund haben die Sozialhilfebehörden die persönlichen Erklärungen über die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor dem Zusammenziehen, die Bezeich­nung des Partners im Sozialhilfeantrag und im Verwaltungs­verfahren entsprechend zu würdigen und gegenüber objektivierbaren, evtl. widersprechenden Hinweistatsachen geringer zu gewichten. So in die Gesamtwürdigung einbezogen können die persönlichen Erklärungen durchaus brauchbare Hinweistatsachen für die Gesamtwürdigung sein. [Kritischer Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl. 1997, Rdnr. 4 a zu § 122 m. w. N. aus der Rechtsprechung, wonach den persönlichen Erklärungen von Hilfe Suchenden und ihren Partnern in Kenntnis der rechtlichen Bedeutung regelmäßig keine durchgreifende Bedeutung zu gemessen werden könne.]

Auch können die Sozialhilfebehörden auf das gewichtigste Indiz der Wohngemeinschaft dann nicht zurückgreifen, wenn die Betroffenen getrennte Wohnungen unterhalten. Dieser Gesichtspunkt schließt zwar nicht von vornherein das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft aus. Er spricht jedoch dafür, dass die Bindungen der Partner nicht so eng sind, wie es für eine eheähnliche Gemeinschaft erforderlich wäre. Auch wenn es wegen einer räumlichen Nähe der Wohnungen zueinander denkbar wäre, dass die Betroffenen beide Wohnungen gemeinsam nutzen, müssen jedenfalls weitere gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, die für eine Verdichtung der inneren Bindungen sprechen. In der Entscheidung des OVG Schleswig, B. v. 29.6.2000, [FEVS 52, S. 223 (224).] der diese Situation der Antragstellerin und ihres Partners zugrunde gelegen hat, reichte es dementsprechend nicht aus, dass zwischen den beiden eine Liebesbeziehung besteht, der Partner bei der Antragstellerin gelegentlich übernachtet und zu ihrer Wohnung einen Schlüssel hat, seine Wäsche von ihr gewaschen wird und sie das Auto von ihm gelegentlich benutzt. Denn die jeweilige Unterhaltung getrennter Wohnungen spreche als gewichtiges Indiz gegen die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft. Anders wiederum ist der Sachverhalt jedoch zu bewerten, wenn die räumliche (und auch private) Trennung nach dem streitgegenständlichen Zeitraum erfolgt. Sie schließt das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft vor der Trennung nicht aus. [Vgl. OVG Rheinland-Pfalz ‚ U. v. 20.8.1997, Az. 12 A 12441/96.]

2. Die konkrete Lebenssituation und die Intensität der gelebten Gemeinschaft

Das BVerwG hat ausgeführt, dass in die Gesamtwürdigung vor allem die konkrete Lebenssituation des Hilfesuchenden und dessen Partners sowie die nach außen erkennbare Intensität der gelebten Gemeinschaft einzubeziehen sind, weil hieraus ebenfalls Erkenntnisse für oder gegen eine auf Dauer angelegte Einstehens­ge­meinschaft gewonnen werden können. Zur Konkretisierung dieser unbe­stim­mten Rechtsbegriffe können die Behörden - wie sich aus den nachfolgenden Rechtspre­chungsnachweisen ergibt - in den von ihnen zu entscheidenden Einzelfällen auf verschiedene Hinweistatsachen abstellen, die im Folgenden beispielhaft skizziert werden. So können als Kriterien für eine Einstehensgemeinschaft maßgebend sein,

- dass der Hilfe Suchende mehrere Wohnungswechsel mit dem Partner vorgenommen hat, die nicht ökonomisch begründet gewesen sind,
- dass die neue Wohnung gemeinsam angemietet wurde, wie die Bezeichnung des Partners durch den Hilfesuchenden im Antrag auf Sozialhilfeleistungen erfolgt ist, [OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 20.8.1997, Az. 12 A 12441/96.]
- ob die gegenseitige Befugnis besteht, über Einkommens- und Vermögensgegenstände des Partners zu verfügen bzw. diese zu nutzen (z.B. die Nutzung eines Autos etc.), [So das BVerwG, U. v. 17.5.1995, BVerwGE 98, S. 195 (201); OVG Schleswig, B. v. 29.6.2000, FEVS 52, S. 223 (224). A. A. VGH Bad.-Württ., U. v. 14.4.1997, ZFSH/SGB 1998, S. 471 (475).]
- ob sich innerhalb der Wohngemeinschaft gegenseitig Unterhalt gewährt wird, [Vgl. BayVGH, B. v. 11.7J998, NVwZ-RR 1999, S. 385.]
- ob Kinder und Angehörige im gemeinsamen Hauhalt versorgt werden, [Vgl. OVG Saarland, B. v. 3.4.1998, FEVS 48, S. 557 (558); VG Würzburg, B. v. 17.12A997, W 3 E 97.1508.]
- ob ein Umbau des Wohnraums mit Blick auf das Zusammenleben vorgenommen worden ist [Vgl. OVG Saarland, 8. v. 3.4.1998, FEVS 48, S. 557 (558).] und
- ob etwa das Schlafzimmer gemeinsam genutzt wird, obwohl die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht die Feststellung von Intimbeziehungen voraussetzt; [Vgl. OVG Lüneburg, B. v. 26.1.1998, FEVS 48, 545 unter Bezugnahme auf BVerfGE 87, 234.] sind intime Beziehungen jedoch bekannt, können aber auch sie als Hinweistatsachen herangezogen werden. [Vgl. BVerwG, BVerwGE 98, S. 195 (201), das jedoch betont, dass die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft die Feststellung von Intimbeziehungen nicht voraussetzt.]
Ein gegen das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft sprechendes Indiz ist hingegen, wenn sich aufgrund der Ermittlungen der Behörde herausstellt, dass der Hilfe Suchende keine oder nur unzureichende Leistungen vom Partner erhält, gleichgültig ob dieser nicht leisten will oder kann.[Eichhorn/Bergen, Praxis der Sozialhilfe, 3. Aufl., Stand: 1. April 1998, S. 432; BayVGH, B. v. 6.7.2001, Au 12 ZB 01.1079.]

Diese Aufzählung von Hinweistatsachen ist weder abschließend noch kumulativ. Im konkreten Fall können die Behörden auf weitere, ihnen bekannte und über die konkrete Lebenssituation der Partner aussagekräftige Umstände zurückgreifen, soweit sie für die vorzunehmende Gesamtwürdigung von Bedeutung sein können.

Hierbei sind die Sozialhilfebehörden nicht nur auf die persönlichen Erklärungen der Betroffenen angewiesen. Vielmehr können sie etwa in Bezug auf die ver­mutete gemeinsame Anmietung der Wohnung sich den Mietvertrag und hin­sichtlich der gemeinsamen Haushaltsführung Nachweise über die Bestreitung der Haus­haltsausgaben bzw. der Kontoführung vorlegen lassen. Zur Vorlage der ent­sprechenden Nachweise ist der Hilfesuchende nach § 60 SGB 1 verpflichtet, soweit sie ihn betreffen. [Vgl. BayVGH, B. v. 1.7.1998, FEVS 49. 107, wonach hingegen dem Hilfe Suchenden für Tatsachen oder Beweismittel, die einen Dritten (den Partner) betreffen, keine Ermittlungspflicht obliegt.]
Kommt er dieser Vorlagepflicht nicht nach, kann dies zuungunsten des Hilfesuchenden im Rahmen der Gesamtwürdigung Berücksichtigung finden. [Siehe ergänzend Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 5. Aufl. 1997, Rdnr. 6a zu § 122.]. Ein anderes Mittel zur Feststellung der konkreten Lebenssituation und der Intensität der gelebten Gemeinschaft ist der Hausbesuch des Hilfesuchenden von den Mitarbeitern der Sozialhilfebehörden. [Kritisch zu diesem Beweismittel ist Münder, in; LPK-.BSHG, 5. Aufl. 1998, Rdnr. 22 zu § 122.] Dieses Mittel wird von den Sozialhilfebehörden, soweit es der Personalbestand zulässt, ange­wen­det, um die räumliche bzw. wohnliche Situation feststellen zu können, in der sich der Hilfesuchende und dessen Partner bewegen. Die Aufteilung der Zimmer und ihre gemeinsame bzw. getrennte Nutzung sowie auch die Ausstattung der Wohnung können Hinweistatsachen für oder gegen die Annahme einer eheähn­lichen Gemeinschaft liefern. [Zur Möblierung vgl. etwa OVG Lüneburg, B. v. 26.1.1998, S. 545 (552).] Derartige Hausbesuche werden grundsätzlich von den Behörden angekündigt, was den Vorteil hat, dass die Mitarbeiter nicht umsonst vor Ort tätig werden und jemanden in der Wohnung auch antreffen. Der Nachteil liegt jedoch auf der Hand: Die Einrichtung der Wohnung kann bei einem angekündigten Hausbesuch dergestalt verändert werden, dass es nach außen hin scheint, als ob jeder Mitbewohner über seinen eigenen privaten Bereich in der Wohnung verfügt. In diesen Fällen wird es den Behörden regelmäßig schwer fallen, die gegen eine eheähnliche Gemeinschaft sprechende räumliche Trennung der Lebensbereiche zu entkräften bzw. zu widerlegen. [So musste sich das VG Würzburg, B. v. 28.12.2000, Az. W 3 E 00.1348, mit der Frage auseinander setzen, inwieweit das im Zimmer des Hilfe Suchenden befindliche Klappbett, welches nach dessen Angaben seit drei Jahren von diesem benutzt werde, die für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft sprechenden Indizien entkräften kann. Bei dem Hausbesuch wurde zudem festgestellt, dass die Partnerin in ihrem Zimmer über ein Doppel­bett verfügt, welches sie alleine benutze.] Zu verwertbareren bzw. glaubwür­di­geren Er­geb­nissen dürften die Sozialhilfebehörden daher wohl nur dann kommen, wenn sie sich unangemeldet einen Überblick über die räumliche Situation des Hilfe­suchenden und seines Partners verschaffen. Soweit den Mitarbeitern jedenfalls der Zugang zu gemeinsamen Wohnung verwehrt wird und Feststellungen zur konkreten Lebenssituation unterbunden werden, kann dies im Rahmen der Beweiswürdigung mit Blick auf die dem Hilfesuchenden obliegenden Mitwirk­ungspflicht berücksichtigt werden.

E Zusammenfassung und Ausblick

Die häufige Beanstandung der Verwaltungsentscheidungen in den Urteilen zeigt, dass in der Verwaltungspraxis bei der Feststellung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft erhebliche Schwierigkeiten bestehen. Dem können die Behörden nur entgehen, wenn sie die im Einzelfall in Betracht kommenden Hinweistatsachen sorgfältig ermitteln und nach Abschluss der Ermittlungen diese umfassend dahingehend würdigen, ob sich aus ihnen gewichtigere Anhaltspunkte für oder gegen eine zwischen dem Hilfesuchenden und dessen Partner bestehende Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ableiten lassen. Da hierbei die Feststellungslast die Behörden trifft, werden sie im Zweifel bei nicht ausreichenden Hinweistatsachen nicht auf das Einkommen und Vermögen des anderen Partners bei der Berechnung des Sozialhilfeanspruchs zurückgreifen dürfen.

Die aufgezeigten gerichtlichen Entscheidungen sind bisher nur zu zwischen einem Mann und einer Frau bestehenden Gemeinschaften ergangen, weil sich nur bei ihnen die Frage des faktischen Schlechterstellungsverbots im Vergleich zu eben stellt. § 122 S. 1 BSHG ist insoweit in seinem Anwendungsbereich auf das Zusammenleben von Personen verschiedenen Geschlechts beschränkt.[Siehe Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl. 1997, Rdnr. 2 zu § 122 m. w. N. aus der Rechtsprechung.] Mit der rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften durch das Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16.2.2001, [BGBI. I, S.266 ff.] werden mit dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes die gleichge­schlecht­lichen Lebenspartner eines Hilfe Suchenden mit der Eintragung in das Register als Familienangehörige behandelt, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist (§ 11 Abs. 1 Lebenspartnerschaftsgesetz). Die Frage nach der Anwendbarkeit der Indizien auf eingetragene Lebenspartnerschaften stellt sich insoweit auch in Zukunft nicht, weil im Anwendungsbereich des BSHG nichts anderes bestimmt ist. Sind hingegen die gleich-geschlechtlichen Gemeinschaften nicht einge­tra­gen, bestehen jedoch Bedenken mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie wie auch die eheähnliche Gemeinschaft eine Verantwortungs- und Einstehensge­mein­schaft begründen können und daher grundsätzlich das Vermögen und Einkommen beider Partner berücksichtigt werden müsste.[Ebenso kritisch Puhr/Bresst, ZFSH/SGB 1997, S. 463 ff. (467)].

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Eheähnliche Gemeinschaft
Art. 6 GG, §§ 13, 37, 122, 122a, 140 BSHG
Das BSHG bestimmt, dass...
"Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfanges der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten" (§ 122 BSHG).
Was ist sozialhilferechtlich eine eheähnliche Gemeinschaft?
Im Urteil vom 17.05.95 - 5 C 16.93 - gibt das BVerwG seine bisherige Rechtsprechung auf und definiert eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 122 S. 1 BSHG als ...
eine Wohngemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau
die auf Dauer angelegt ist
daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und
sich durch innere Bindung auszeichnet
die Bindung der eheähnlichen Partner muss so eng sein, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in Notfällen des Lebens erwartet werden kann
zwischen ihnen also ein gegenseitiges Verantwortungsbewusstsein besteht
Ihr Zusammenleben ist nur eheähnlich, wenn alle oben genannten "Punkte" für Sie zutreffend sind. Der Sozialhilfeträger muss Ihnen aber nicht jeden "Punkt" nachweisen. Wenn ein Mann und eine Frau in einem Haushalt zusammenleben, dann kann (nicht muss!; s. Beschluss des OVG Lüneburg v. 26.01. 1998 - 12 M 345/98) der Sozialhilfeträger davon ausgehen, dass die oben genannten "Punkte" zutreffend sind. Wenn er Ihnen einen der "Punkte" nachweisen kann, dann verhärtet sich seine Vermutung. Falls der Sozialhilfeträger Ihnen jedoch einen der o.a. Punkte nicht nachweisen kann, kann er nicht von dem Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgehen.
Die Frage, ob bei einer Vermutung des Sozialhilfeträger die Beweislast bei Ihnen oder beim Sozialhilfeträger liegt ist in der Rechtsprechung umstritten.
Unter Berücksichtigung der Anforderungen, die das BVerwG in seinem Urteil vom 17.05.95 aufgestellt hat, weist das VGH BW in seinem Urteil vom 14.04.97 - 7 S 1816/95 - FEVS 48/98 S. 29 ff., NDV-RD 1998, 2, 35 Ihnen die Beweislast zu. Sie sollen also nachweisen, das die Vermutung des Sozialhilfeträger nicht zutrifft.
Das OVG Lüneburg hat dagegen in seinem Urteil vom 26.01.1998 - 12 M 345/98 - (vernünftiger Weise) einer "Umkehr der Beweislast" eine klare Absage erteilt.
Das Urteil des OVG Saarlouis vom 03.04.1998 - 8 V 4/98 - FEVS 48/98 S. 557 ff., setzt sich ebenfalls mit der Entscheidung des VGH BW auseinander. Im Gegensatz zum VGH BW ist das OVG Saarlouis (richtigerweise) der Auffassung, das zu Beginn einer "Zweckgemeinschaft" zwischen einem Mann und einer Frau nicht ohne weiteres von einer "festen Beziehung" ausgegangen werden kann. Es kommt zu der abschließenden Aussage, dass "... die Entscheidung ... nicht etwa dahin verstanden werden ... (kann)... , daß bereits vom Beginn einer Wohngemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die sich als reine Zweckgemeinschaft darstellt, ohne weiteres von einer "festen Beziehung" als dem Prototyp der eheähnlichen Gemeinschaft ausgegangen werden kann. Wäre die Entscheidung des BVerwG so zu verstehen, könnte sie den fließenden Übergängen von in mehr oder weniger Wohngemeinschaft gelebten bloßen Freundschaftsverhältnissen bis hin zu "festen Beziehungen" im Sinne einer Einstandsgemeinschaft nicht gerecht werden und würde über das mit § 122 BSHG intendierte Ziel des Vermeidens der Schlechterstellung der Ehe im Leistungsvollzug hinausschießen".
Geschwister und gleichgeschlechtliche Partner können keine eheähnliche Gemeinschaft begründen. Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft ist nur zwischen zwei Menschen möglich, die grundsätzlich auch eine Ehe schließen könnten.
Dazu gibt es aber folgende Ausnahme:
Sie sind verheiratet, leben aber nicht mit Ihrem Ehepartner zusammen, sondern in einer Wohngemeinschaft mit einem gegengeschlechtlichen Mitbewohner. Mit diesem können Sie keine Ehe schließen, da Sie schon verheiratet sind. Sie können aber mit Ihrem Mitbewohner in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, denn hier ist (wegen § 5 EheG) die Eheschließung nicht grundsätzlich, sondern nur derzeit noch ausgeschlossen (VGH BW NJW 1996, S. 2178).
Nachweis der eheähnlichen Gemeinschaft
Letztlich kann weder ein Sachbearbeiter des Sozialamtes noch ein Richter eindeutig feststellen, ob zwei Menschen eheähnlich zusammenleben oder nicht. Denn welcher Außenstehende kann schon darüber befinden, ob sich z. B. Ihre "Wohngemeinschaft" durch eine innere Bindung auszeichnet. Aus diesem Grund benutzen die Sachbearbeiter des Sozialamtes (und Richter) Indizien. Solche Indizien können z. B. sein:
gemeinsame Kinder, die mit Ihnen in der Wohnung leben
wenn Sie zusammenleben und ein gemeinsames Kind erwarten
gemeinsame Girokonten und Sparbücher
Hinweise für ein gegenseitiges Verantwortungsbewusstsein. Kriterien für die "Verantwortungsgemeinschaft" könnten z. B. ein langjähriges Zusammenleben oder das gemeinsame Versorgen eines Angehörigen, der mit Ihnen zusammen lebt, sein (BVerfGE 87, 265)
Der Anlass für das Zusammenziehen. Wenn Ihr Mitbewohner z. B. seine ehemalige Wohnung in einer entfernt gelegenen Stadt aufgegeben hat, um mit Ihnen zusammenzuziehen. Wenn er darüber hinaus noch seine bisherige Arbeitsstelle kündigt und an seinem neuen Wohnort eine schlechter bezahlte Stelle annimmt, dann ist dies ein Indiz dafür, daß es sich bei Ihrer Wohngemeinschaft nicht um eine reine Zweckgemeinschaft handelt
Feststellungen aufgrund eines (unangemeldeten) Hausbesuches.
Der Sozialhilfeträger ist berechtigt, Ermittlungen anzustellen, um festzustellen, wie Sie mit Ihrem Mitbewohner zusammenleben. Zu den Ermittlungen zählt auch ein Hausbesuch (VG Braunschweig, info also 2/85 S. 53, VG Frankfurt, info also 2/85, S.60 u. Gutachten des NDV 1986, S. 332). Es haben sich sogar Richter gefunden, die der Streichung der Sozialhilfe zugestimmt haben, weil jemand einen unangemeldeten Hausbesuch des Sozialamtes nicht zulassen wollte (OVG Münster vom 22.2.1989, NJW 1990, S. 728). Kontrollen von Kühlschränken, Bädern, Schlafzimmern usw. bieten aber keinen Nachweis dafür, dass Sie sich gegenseitig unterstützen. Sie können somit auch keinen Aufschluss darüber geben, dass Sie für einander einstehen oder ein gegenseitiges Verantwortungsbewusstsein entwickelt haben. (Münder ZfSH/SGB 1986, 199ff.; Giese in ZfS, 1989, 139). Es geht mehr darum, dass der Sozialhilfeträger sich ein Gesamteindruck von Ihrem Zusammenleben macht.
Intime Beziehungen werden ebenfalls als Indiz für den Bestand einer eheähnlichen Gemeinschaft angesehen. Es ist aber unzulässig, Nachforschungen darüber anzustellen. Sie sind auch nicht verpflichtet, diesbezüglich Auskünfte zu geben (BVerfGE 87, 234; BVerwG NJW 1995, 2803)
Es ist unerheblich, ob Sie und Ihr Mitbewohner es sich vorbehalten, jeweils einen Raum alleine zu nutzen. Dies ist kein Beweis dafür, dass Ihr Zusammenleben nicht mit einer Ehe verglichen werden kann, denn auch in einer Ehe kommt es vor, daß jedem Partner ein Raum zu seiner ausschließlichen Benutzung vorbehalten ist.
Womit haben Sie zu rechnen, wenn vermutet wird, dass Sie eheähnlich zusammenleben?
Es ist schwer, diese Frage grundsätzlich zu beantworten. Von Bedeutung in diesem Zusammenhang ist z.B., ob Sie mit Ihrem Mitbewohner alleine zusammenwohnen, oder ob in Ihrem Haushalt ein Kind lebt, ob Sie beide Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt haben oder nicht usw.. Anschließend zeigen wir einige Möglichkeiten des Zusammenlebens und deren sozialhilferechtlichen Folgen auf:

A
Wenn Sie und Ihr Mitbewohner alleine in einem Haushalt leben
und Ihr Mitbewohner über Einkommen und/oder Vermögen verfügt,
dann gilt für Sie folgendes:
A 1
Wenn Ihr Mitbewohner Ihnen den notwendigen Lebensunterhalt nicht (oder nicht ausreichend) sicherstellt, gleichgültig, ob er dies nicht kann oder nicht leisten will, dann ist der Sozialhilfeträger verpflichtet, Ihnen Leistungen zu gewähren (§ 122 BSHG i. V. m. §16 BSHG Satz 2). (Dabei spielt es natürlich eine Rolle, ob Ihr Mitbewohner überhaupt etwas zahlen kann.) Ihr Mitbewohner ist nicht gesetzlich verpflichtet, sein Einkommen und/oder Vermögen für Sie einzusetzen. Denn zum Unterhalt sind nur Eheleute verpflichtet (§ 1360 BGB). Wenn ein Beweis verlangt wird, dass Sie von Ihrem Mitbewohner den notwendigen Lebensunterhalt nicht sichergestellt bekommen, dann können Sie eine Eidesstattliche Versicherung einreichen (befragen Sie hierzu einen Notar). Zu beachten ist dann allerdings, dass Sie nachweisen, tatsächlich keine oder keine ausreichenden Zahlungen (oder materiellen Zuwendungen) von Ihrem Mitbewohner zu bekommen.
A 2
Wenn Sie eheähnlich zusammenleben, dann werden Sie vom dem Träger der Sozialhilfe wie Eheleute behandelt (§ 122 BSHG). Das hat zur Folge, dass Ihr Mitbewohner sein gesamtes Einkommen und Vermögen für Sie einsetzen muss. Sie haben somit nur Anspruch auf Sozialhilfe, wenn Ihr gemeinsames Einkommen und Vermögen unter Ihrem Sozialhilfebedarf für liegt.
B
Wenn Sie mit Ihrem Kind1 und einem Partner in einer Wohngemeinschaft leben,
Ihr Mitbewohner nicht der Vater (Mutter) des Kindes1 ist,
und er über Einkommen und/oder Vermögen verfügt,
dann gilt für Sie folgendes:
B 1
Ihr Mitbewohner ist nicht gesetzlich verpflichtet, sein Einkommen und/oder Vermögen für Sie oder Ihr Kind1 einzusetzen. Lesen Sie zunächst die Angaben die unter "A 1" aufgeführt sind . Diese sind in Ihrer Wohngemeinschaft ebenfalls gültig.
B 2
Wenn Sie eheähnlich zusammenleben, dann werden Sie vom Träger der Sozialhilfe wie eine Familie behandelt (§ 122 BSHG). Das hat zur Folge, dass Ihr Mitbewohner sein gesamtes Einkommen und/oder Vermögen für Sie und Ihr Kind1 einsetzen muss. (Wenn Ihr Kind1 jedoch Anspruch auf Unterhalt durch seinen Vater/Mutter hat, dann muss dieser/diese vorrangig Leistungen erbringen). Sie haben somit nur Anspruch auf Sozialhilfe, wenn Ihr gemeinsames Einkommen und Vermögen unter Ihrem gemeinsamen Sozialhilfebedarf liegt.
B 3
Es ist denkbar, dass Sie dem Sachbearbeiter des Sozialamtes versichern, dass Ihr Mitbewohner Ihnen Leistungen zukommen lässt, Ihrem Kind1 aber nicht. Es ist unwahrscheinlich, dass in diesem Fall der Sozialhilfeträger Ihrem Kind1 Sozialhilfe gewährt und Sie unberücksichtigt lässt. Denn Sie sind Ihrem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet und müssen den Lebensunterhalt, der Ihnen zu Verfügung steht, in einem angemessenen Rahmen Ihrem Kind zukommen lassen (§ 1606 BGB). Ihr Mitbewohner kann somit nicht von Ihnen erwarten, dass er Ihnen Leistungen gewährt, Sie diese aber Ihrem Kinde vorenthalten.
C
Wenn Sie, Ihr Mitbewohner und Ihr gemeinsames Kind2 in einem Haushalt leben
und Ihr Mitbewohner über Einkommen und/oder Vermögen verfügt,
dann gilt für Sie folgendes:
C 1
Sie sind beide gleichrangig verpflichtet, mit Ihrem Einkommen und/oder Vermögen den Bedarf Ihres gemeinsamen Kindes2 zu decken (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Ihr gemeinsames Kind2 hat somit keinen Anspruch auf Sozialhilfe, wenn Ihr Mitbewohner in der Lage ist, sich und Ihr gemeinsames Kind zu versorgen.
C 2
Wenn Ihr Mitbewohner Ihnen den notwendigen Lebensunterhalt nicht sicherstellt, gleichgültig, ob er dies nicht leisten kann oder nicht leisten will, dann ist der Sozialhilfeträger verpflichtet, Ihnen Leistungen zu gewähren. Ihr Mitbewohner ist nicht verpflichtet, sein Einkommen und/oder Vermögen für Sie einzusetzen. Eine Ausnahme bildet die Unterhaltspflicht nach § 1615k BGB. Dieser wird im Folgenden besprochen.
C 3
Für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt haben Sie gegenüber Ihrem Mitbewohner Anspruch auf Unterhalt (§ 1615 Abs. 1 und 3 BGB). Darüber hinaus kann gemäß § 1615l Abs. 2 BGB ein Verlängerung der Unterhaltspflicht in Form des Betreuungsunterhalts in Betracht kommen. (Nach § 1615l Abs. 1 BGB muss der Vater der Mutter diesen Unterhalt gewähren. Neu ist der § 1615 Abs. 5 BGB, nach dem erstmals ein Unterhaltsanspruch des Vaters gegenüber der Mutter aus Anlass der Kindesbetreuung besteht.) Dieses gilt z. B., wenn Sie wegen der Pflege oder Erziehung Ihres Kindes2 kein Geld erwerben können. Ihr Mitbewohner könnte dann bis zu vier Monaten vor und längstens von bis zu drei Jahren nach der Geburt zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden. Wenn Ihnen der Sozialhilfeträger in den oben erwähnten Zeiträumen Leistungen gewährt, dann geht Ihr Unterhaltsanspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendung auf den Träger der Sozialhilfe über (§ 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG). Dieser zahlt Ihnen also Geld und holt sich dieses Geld von Ihrem unterhaltspflichtigen Mitbewohner wieder.
C 4
Wenn Sie eheähnlich zusammenleben, dann werden Sie vom Träger der Sozialhilfe wie eine Einsatzgemeinschaft behandelt. Das hat zur Folge, dass Ihr Mitbewohner sein gesamtes Einkommen und/oder Vermögen für Sie und Ihr gemeinsames Kind2 einsetzen muss. Sie haben somit nur Anspruch auf Sozialhilfe, wenn Ihr gemeinsames Einkommen und/oder Vermögen unter Ihrem gemeinsamen Sozialhilfebedarf liegt.
D
Wenn Sie und Ihr Mitbewohner alleine in einem Haushalt leben
und Sie beide Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt haben, dann gilt für Sie folgendes:
D 1
Wenn Sie einen getrennten Haushalt führen, das heißt, nicht aus einem Topf zu wirtschaften, dann muss der Sozialhilfeträger Ihnen beiden den Regelsatz eines Haushaltsvorstandes bewilligen. In diesem Fall können Sie nicht als eheähnliche Gemeinschaft bezeichnet werden.
D 2
Wenn Sie eheähnlich zusammenleben, so erhalten Sie den Regelsatz für einen Haushaltsvorstand und den Regelsatz für einen Haushaltsangehörigen. Ist in Ihrer Wohngemeinschaft nicht einer von Ihnen als Haushaltsvorstand zu ermitteln, so steht Ihnen und Ihrem Mitbewohner der Regelsatz für den Haushaltsangehörigen plus die Hälfte der Differenz zum Regelsatz für den Haushaltsvorstand zu (der sog. Mischregelsatz). Somit erhält jeder den gleichen Betrag.
Beispiel:
Regelsatz für den Haushaltsvorstand 293,- €
Regelsatz für den Haushaltsangehörigen (über 18 Jahren) - 234,- €
Die Differenz = 59,- €
Davon die Hälfte = 29,50,- €
234,- € + 29,50,- € = 263,50,- €
Jeder von Ihnen bekommt laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 495,-DM.
E
Wenn Sie und Ihr Mitbewohner mit einem Kind1 in einem Haushalt leben, das nicht Ihr gemeinsames Kind1 ist
und Sie beide Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt haben,
dann gilt für Sie folgendes:
E 1
Leben Sie nicht eheähnlich zusammen, dann haben Sie unter folgenden Umständen einen Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende:
Wenn Sie mit einem Kind unter 7 Jahren oder wenn Sie mit 2 oder 3 Kindern unter 16 Jahren zusammenleben und alleine für die Pflege und Erziehung sorgen, dann ist ein Mehrbedarf von 40% des maßgebenden Regelsatzes anzuerkennen. Bei 4 oder mehr Kindern erhöht sich der Mehrbedarf um 60% (§ 23 Abs. 2 BSHG). Es ist also in Ihrem Fall von Bedeutung, ob Sie gemeinsam Ihr Kind erziehen oder ob diese Aufgabe ausschließlich einer von Ihnen übernimmt. Der Mehrbedarf wird nur bewilligt, wenn Sie darauf bestehen, dass derjenige von Ihnen, der die Pflege und Erziehung des Kindes sicherstellt, alleine alle Kosten dafür übernimmt. Derjenige, der die Erziehung nicht sicherstellt, darf dem Kind im Prinzip keinerlei Zuwendungen zukommen lassen. Wenn Sie einen Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende haben und einen getrennten Haushalt führen, dann haben Sie beide einen Anspruch auf den Regelsatz eines Haushaltsvorstandes.
E 2
Wenn Sie sich gemeinsam um die Pflege und Erziehung des Kindes, das in Ihrem Haushalt lebt, kümmern, dann ist das ein Indiz dafür, dass Sie eheähnlich zusammenleben. Sie werden dann in der Regel als Einsatzgemeinschaft (Familiengemeinschaft) berücksichtigt (lesen Sie dazu auch "F 1").
F
Wenn Sie, Ihr Mitbewohner und Ihr gemeinsames Kind2 in einem Haushalt leben
und Sie beide Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt haben,
dann gilt für Sie folgendes:
F 1
Unter diesen Umständen werden Sie in der Regel als Einsatzgemeinschaft (Familiengemeinschaft) behandelt. (§§ 11 Abs. 1 Satz 2, 28 BSHG, Sie und Ihr Mitbewohner werden dann den Eheleuten gleichgestellt § 122 Satz 1 BSHG). Sie erhalten dann den Regelsatz für den Haushaltsvorstand und den Haushaltsangehörigen oder den Mischregelsatz (siehe unter "D 2"). Ihr Kind2 wird mit dem entsprechenden Regelsatz als Haushaltsangehöriger berücksichtigt (diese sind nach dem Alter des Kindes gestuft).
1) Hier sind auch mehrere Kinder gemeint, wenn diese Kinder nicht Ihre gemeinsamen Kinder sind.
2) Hier sind auch mehrere Kinder gemeint, wenn diese Kinder Ihre gemeinsamen Kinder sind.
Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge durch den Sozialhilfeträger
Wenn Sie eheähnlich zusammenleben und Ihr Mitbewohner über Einkommen und/oder Vermögen verfügt, Sie deshalb vom Sozialhilfeträger zurückgewiesen werden und Sie auf die Leistungen Ihres Mitbewohners angewiesen sind, dann muss dieser aber nicht noch für Ihre Krankenversicherung aufkommen, da ein Ehegatte das (wegen der Familienversicherung) auch nicht müsste (VGH Baden-Württemberg, FEVS 35/86 108 ff., OVG Schleswig-Holstein, FEVS 46/86, S. 213 ff., OVG Hamburg, FamRZ 1990, S. 1288. Der Sozialhilfeträger übernimmt dann Ihre Krankenversicherungsbeiträge nach § 13 Abs. 2 BSHG. Wenn Sie nicht krankenversichert sind, dann haben Sie einen Anspruch auf Krankenhilfe nach § 37 BSHG (VGH Baden-Württemberg ZfF 87, S. 87; OVG Hamburg NDV 90, S. 318; OVG Schleswig FEVS 46/96, S. 213 ff.). Der Sozialhilfeträger bezahlt Ihnen dann ärztliche und zahnärztliche Behandlungen in einem Umfang, der den Leistungen einer Krankenkasse entspricht.
Rechtsprechung
Beschluss des OVG Hamburg vom 22.3.1990 - Bs IV 92/90 - FEVS 41/91, S. 21 - Eheähnliche Gemeinschaft - Eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne von § 122 Satz 1 BSHG ist gegeben, wenn zwei miteinander nicht verheiratete Personen, zwischen denen die Ehe jedoch rechtlich grundsätzlich möglich ist, wie ein nicht getrennt lebendes Ehepaar in gemeinsamer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben, sie also in Übereinstimmung einen gemeinsamen Haushalt so führen, wie es für zusammen lebende Ehegatten typisch ist.
Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach allen äußeren, objektiv erkennbaren Umständen. Entgegenstehenden Erklärungen der Partner kommt in der Regel keine durchgreifende Bedeutung zu.
Der auf finanziellen Unterstützung angewiesene Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft besitzt auch keinen Anspruch auf Hilfe nach §§ 13 Abs. 2, 37 BSHG, selbst wenn im Fall der Ehe (kostenloser) Krankenversicherungsschutz im Rahmen der Familienversicherung bestünde.
Beschluss des Hessischen VGH vom 27.03.1992 - 9 TG 1112/89 - FEVS Bd.44/94 S. 109 - Bei der Entscheidung der Frage, ob eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 122 BSHG vorliegt, kommt entgegenstehenden Erklärungen der Partner, die wissen, worauf es ankommt, regelmäßig keine durchgreifende Bedeutung zu.
Sind die Erklärungen der Partner wenig glaubhaft, dann sind auch die von ihnen zum Nachweis ihrer Ansprüche und zur Bekräftigung ihrer Erklärungen geschaffenen äußeren Umstände in der Regel nicht geeignet, das Nichtbestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft zu belegen.
Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (zu §§ 137, 138 AFG) vom 17.11.1992 1 - BvL 8/87 - IDAS 3/93 I 3.4 - Eine eheähnliche Gemeinschaft (...) liegt (...) nur vor, wenn zwischen den Partnern so enge Bindungen bestehen, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann (Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft). Die Gesichtspunkte der Urteilsbegründung sind, aufgrund des nahezu gleichen Wortlautes und Sinngehaltes, auf den § 122 BSHG übertragbar.
Urteil des VGH Mannheim vom 28.04.1993 - 6 S 916/92 - IDAS 1/94 I 2.1 u. NJW 1993, S. 2886 f. - Der Sozialhilfeträger ist berechtigt, die Gewährung von Sozialhilfe zu verweigern, wenn zwei Partner in einer Wohnung zusammenleben, jedoch das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft bestreiten und deshalb die Offenlegung der Einkommensverhältnisse des nicht hilfebedürftigen Partners verweigern. In diesem Fall ist eine hinreichende Feststellung der Bedürftigkeit nicht gegeben.
Urteil des BVerwG vom 17.05.1995 - 5 C 16.93 - FEVS 46/96 S. 1 ff. - Eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 122 S. 1 BSHG ist eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinaus. Sie muss sich, im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft, durch innere Bindungen auszeichnen, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner für einander begründen. (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung! - BVerwG FEVS 87 S. 234)
Beschluss des VGH Mannheim vom 16.11.1995 - 6 S 3171/94 - NJW 1996, 2178 ff. - IDAS 3/96 I 2.1 - Auch wenn ein Partner der eheähnlichen Gemeinschaft noch mit jemand anderen verheiratet ist, spricht nichts gegen die Anwendung des § 122 S. 1 BSHG.
Urteil des VGH BW vom 14.04.1997 - 7 S 1816/95 - FEVS 48/98 S. 29 ff. - u.a.: Wichtigstes Indiz für das Vorliegen einer Einstehensgemeinschaft ist die bestehende Wohngemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau - ggf. auch mit Kindern. Es ist Sache der Betroffenen, plausible Gründe darzulegen, die das Zusammenwohnen als reine Zweckgemeinschaft erkennen lassen.
Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 08.07.1997 - 6 S 856/96 - FEVS 48/98 S. 219 ff. - Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen bei eheähnlicher Gemeinschaft
Das Gericht entscheidet hier, unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung, dass für den Fall, dass ein in eheähnlicher Gemeinschaft lebender HS die Übernahme der von ihm freiwillig aufgewendeten Krankenversicherungsbeiträge beantragt, das Einkommen des verdienenden Partners bei der Feststellung der Bedarfslage mit zu berücksichtigen ist. Das Gericht begründet dies mit dem Besserstellungsverbot des § 122 S. 1 BSHG.
Beschluss des OVG Lüneburg vom 26.01 1998 - 12 M 345/98 - Für eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 122 BSHG kommt es auf das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft an, die über eine reine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht (wie BVerwG vom 17.5.1995).
Die Beweislast liegt beim Sozialhilfeträger, und nicht beim Antragsteller.
Beschluss des OVG Saarlouis vom 03.04.1998 - 8 V 4/98 - FEVS 48/98 S. 557 ff. - Zur Frage des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 122 BSHG
Beschluss des BayVGH vom 01.07.1998 - 12 CE 98.1061 - Die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft scheidet aus, wenn der vermögende Partner erklärt, das er den hilfesuchenden Partner nicht unterstützt und dies in Zukunft auch nicht tun möchte.
Beschluss des OVG Schleswig vom 29. 6. 2000 - 1 M 60/00 - Die Unterhaltung getrennter Wohnungen stellt ein wesentliches Indiz gegen das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft dar.
Beschluss des OVG Schleswig vom 2. 1. 2002 ‑ 2 M 104/01 - §§ 11, 122 BSHG - Zu den Voraussetzungen für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft. Zur Berechnung der Hilfeansprüche bei einer Einstandsgemeinschaft.
Beschluss des VGH München vom 16. 1. 2002 - 12 CE 01.23 10 - Nach § 122 Satz 1 BSHG ist zu vermuten, dass die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft ebenso füreinander einstehen wie die Ehegatten einer intakten Ehe; die Partner können sich nicht auf einen unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt für geschiedene Ehegatten berufen. Für das Beenden einer eheähnlichen Gemeinschaft genügt nicht ohne weiteres, dass die bisherigen Partner lediglich erklären, dem anderen Partner keine Unterstützung mehr zukommen zu lassen; maßgebend ist vielmehr das Gesamtbild der feststellbaren Hinweistatsachen. Schuldrechtliche Verbindlichkeiten des nicht sozialhilfeberechtigten Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft (z. B. Unterhaltsverpflichtungen), denen er sich auch nicht unter Hinweis auf die Leistungen gegenüber dem anderen Partner und dessen Angehörigen entziehen kann, sind einkommensmindernd zu berücksichtigen.
OVG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 31. 5. 2002 - 4 B 64/02 - § 122 BSHG; §§ 60,66 SGB 1; §§ 123,155 VwG0 - Ist aufgrund verschiedener Indizien fraglich, ob die zuvor gegebene eheähnliche Gemeinschaft weggefallen war, besteht weiterer Anlass zur Sachverhaltsaufklärung (z. B. durch Hausbesuch). Weigern sich die Antragsteller, einen weiteren Hausbesuch zuzulassen, und ist der Sozialhilfeträger dadurch gehindert, die Hilfebedürftigkeit aufzuklären, so ist er nach §§ 60 Abs. 1 Nr. 1, 66 Abs. 1 Satz 1 SGB 1 berechtigt, die begehrte Sozialleistung zu versagen. Liegen bei einem Antrag auf vorläufige Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege des gerichtlichen Anordnungsverfahrens keine Anhaltspunkte zum Zeitraum vor, für den die Hilfeleistung gewährt werden soll (angekündigter Widerspruchsbescheid, absehbares Ende der Bedürftigkeit oder des sozialhilferechtlichen Bedarfs), dann ist im Wege der Auslegung auf denjenigen Zeitraum abzustellen, der durch den Zeitpunkt der gerichtlichen Antragstellung und den der erstinstanzlichen Entscheidung einschließlich des auf die Entscheidung folgenden Monats abgegrenzt werden kann.
Beschluss des OVG Frankfurt/Oder vom 5. 9. 2002 - 4 B 115/02 - Eheähnliche Gemeinschaft - Verwaltungsgerichtliche Beschlüsse über Anträge auf Erlass vorläufiger Regelungen in Anordnungsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwG0 sind nach § 121 VwG0 materieller Rechtskraft fähig; dies gilt auch für das Sozialhilferecht.
Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft unter besonderer Berücksichtigung der wohnlichen Gegebenheiten.
Beschluss des OVG Bautzen vom 22. 10. 2002 ‑ 4 BS 347/02 - § 122 BSHG - Nachweis; Wohngemeinschaft - Zur Darlegungs‑ und Beweislast des Sozialhilfeträgers für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft i. S. v. § 122 BSHG im einstweiligen Anordnungsverfahren.


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Hausbesuche bei eäG - Neues Urteil

Neuer Beitragvon Cato » Mittwoch 17. August 2005, 19:57

"Observationen und Hausbesuche von Außendienstlern der Arbeitsagentur sind kein geeignetes Mittel, eine eheähnliche Gemeinschaft festzustellen"

Sozialgericht Düsseldorf (Az. S 35 AS 119/05 ER)

Einer Frau waren zunächst Hartz-IV-Leistungen in Höhe von 558,32 Euro bewilligt, dann aber wieder gestrichen worden. Die Begründung der Arbeitsagentur: Mitarbeiter ihrer Behörde wären bei einer häuslichen Inspektion im Schlafzimmer der Antragstellerin auf ein Doppelbett, im Badezimmer auch einen Rasierapparat und in der Küche schließlich auf einen leibhaftigen Mann gestoßen. "Eindeutige Indizien dafür, daß dieser Herr und die Antragstellerin eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bilden", meinten die Beamten.

"Woher wollen Sie das wissen", konterten die Sozialrichter. Aus den Beobachtungen der Inspekteure vom Arbeitsamt gehe allenfalls hervor, daß zwischen der Frau und dem Mann eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Und wenn die Beamten vermuten, daß die Beiden auch eine sexuelle Beziehung haben, sei dies weder verwerflich, noch ein Kriterium für eine eheähnliche Lebensgemeinschaft.

"Eheähnlich ist nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts nämlich nur eine Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, die auf Dauer angelegt ist", erklären Familienrechtler. Sie darf keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulassen und muß sich durch innere Bindungen auszeichnen, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen.

In der Akte der Arbeitsagentur fanden sich jedoch keine Hinweise darauf, das die beobachtete Partnerschaft eng genug ist, um ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwarten zu können. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr für einander verantwortlich fühlen, daß sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit denjenigen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten vergleichbar. Um das festzustellen, bedarf es aber nach Ansicht der Juristen mehr als eines Hausbesuches.

Cato
Ceterum censeo cartaginem delendam esse
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