Sozialgesetzbuch - 2. Buch (Grundsicherung Arbeitssuchende)

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Sozialgesetzbuch - 2. Buch (Grundsicherung Arbeitssuchende)

Neuer Beitragvon Amtsmann » Dienstag 2. August 2005, 19:21

Einleitung

Bis zum In-Kraft-Treten der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Rahmen des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zum 1. Januar 2005 gab es in Deutschland zwei Fürsorgesysteme für erwerbsfähige Hilfebedürftige:

– die Arbeitslosenhilfe nach dem SGB III und

– die Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz.

Die Arbeitslosenhilfe hatte ihren Ursprung in der Verordnung über die Erwerbslosenfürsorge vom 13. November 1918. Die Erwerbslosenfürsorge trat als Sondersystem für Erwerbsfähige neben die klassische Armenfürsorge. Sie wurde im Laufe des letzten Jahrhunderts mehrmals umbenannt und schließlich im Jahr 1969 als Arbeitslosenhilfe in das Arbeitsförderungsgesetz integriert. Durch das Arbeitsförderungsreformgesetz wurde sie mit Wirkung vom 1. Januar 1998 mit wenigen Änderungen in das SGB III übernommen.

Die klassische Armenfürsorge wurde Mitte des Jahres 1962 durch das neue Bundessozialhilfegesetz (BSHG) abgelöst. Die Regelungen dieses Gesetzes bildeten von da an das „unterste“ Auffangnetz“ in der sozialen Marktwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland.

Mit der Einführung der Erwerbslosenfürsorge, die neben die Armenfürsorge trat, kam es zwar zu einer Trennung zwischen dem Fürsorgesystem für Erwerbsfähige (Erwerbslosenfürsorge) und dem System für sonstige Hilfebedürftige (Armenfürsorge). Diese Aufteilung hatte aber nur grundsätzlichen Charakter und wurde in vielfältiger Hinsicht durchbrochen. Eine dieser Durchbrechungen hing damit zusammen, dass die Leistungen der Arbeitslosenhilfe und die Hilfen nach dem BSHG nach grundlegend verschiedenen Maßstäben bemessen wurden. Bei der Arbeitslosenhilfe richtete sich die Höhe der monatlichen Leistung – wie beim Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung – faktisch nach dem Netto- Einkommen vor Eintritt der Arbeitslosigkeit. Je nach der Höhe des früheren Netto-Verdienstes konnte die Arbeitslosenhilfe höher oder niedriger sein.

Für die Höhe der Sozialhilfe war hingegen das soziokulturelle Existenzminimum, also der tatsächliche (Mindest-)Bedarf, Ausschlag gebend. In den Fällen, in denen nur eine sehr geringe Arbeitslosenhilfe
gezahlt wurde, reichte diese Leistung unter Umständen nicht aus, um den Mindestbedarf zur Bestreitung des Lebensunterhalts abzudecken.
Es wurden dann – darauf aufstockend – Leistungen nach dem BSHG gezahlt. Aufstockende Leistungen erhielten vor dem In-Kraft-Treten der Grundsicherung für Arbeitsuchende Ende 2004 zirka 200.000 Hilfebedürftige.

Darüber hinaus gab es andere Personengruppen, die als Erwerbsfähige keine Arbeitslosenhilfe erhalten konnten, zum Beispiel ehemalige Beamte oder Selbständige. Auch vormalige Bezieher von Arbeitslosenhilfe, die den Anspruch auf diese Leistung verloren hatten, bezogen Sozialhilfe.

Das System zweier paralleler Fürsorgesysteme hatte viele Nachteile. Obwohl Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfänger in der Regel einen gleichartigen Unterstützungsbedarf zur Überwindung ihrer Arbeitslosigkeit hatten, hatten sie in der Praxis nicht den gleichen Zugang zu Eingliederungsleistungen.

Besonders auffällig waren die Unterschiede bei den für die Chancenverbesserung besonders wichtigen Weiterbildungsmaßnahmen. Arbeitslosenhilfebezieher erhielten Geldleistungen auf der Grundlage des
SGB III. Dadurch hatten sie die Möglichkeit, während einer Weiterbildungsmaßnahme nicht nur die Maßnahmekosten, sondern auch Unterhaltsgeld von der Bundesagentur für Arbeit zu erhalten.

Sozialhilfebeziehern konnten zwar auch die Maßnahmekosten erstattet werden. Für die Sicherung des Lebensunterhalts war aber weiterhin der Träger der Sozialhilfe zuständig. Die kommunalen Träger waren nur ausnahmsweise bereit, die Sozialhilfebezieher für die Zeit der Weiterbildungsmaßnahme aus ihrer Verpflichtung zur Aufnahme einer den Bedarf deckenden Beschäftigung zu entlassen und für diesen Zeitraum Sozialhilfe zu zahlen.

Ganz generell waren die Eingliederungsbemühungen für die Arbeitslosenhilfe- und die Sozialhilfebezieher nicht ausreichend, weil in dem System der beiden parallelen Fürsorgesysteme die Zuständigkeiten nicht klar genug abgegrenzt waren und aus diesem Grund die erforderlichen Leistungen oft nicht erbracht wurden. Diese Problematik wurde durch die begrenzten finanziellen Spielräume bei den Trägern verschärft. Bei der Bundesagentur für Arbeit kam hinzu, dass die Mittel für die Eingliederungsleistungen nicht aus Mitteln des Bundes, sondern aus Beitragsmitteln zur Bundesagentur für Arbeit finanziert werden mussten.

Auch wenn der Bund in den letzten Jahren in erheblicher Höhe den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit bezuschusst hat (2004: 4,17 Mrd. Euro), war damit grundsätzlich die Frage der Finanzierung von so genannten versicherungsfremden Leistungen aufgeworfen. Es häuften sich in letzter Zeit Stimmen, die einen Einsatz von Beitragsmitteln nur bei Beziehern der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld für zulässig halten.

Deutliche Unterschiede gab es in den beiden Systemen auch bei der sozialen Absicherung. Arbeitslosenhilfebezieher waren – auf Grund des Leistungsbezugs– in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung auf Kosten des Bundes versichert. Die Sozialhilfe hatte zwar bei einer bestehenden Versicherung die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung übernommen; die Weiterversicherung in der Rentenversicherung kam hingegen nur in wenigen Fällen in Betracht.

Es gab für die betroffenen Arbeitslosen weitere Nachteile. Die so genannten Aufstocker, die zusätzlich Sozialhilfe bezogen, mussten bei zwei unterschiedlichen Behörden – nämlich bei der Agentur für Arbeit und bei der kommunalen Behörde – Leistungen beantragen.

wird fortgesetzt
Das einzige Mittel, den Irrtum zu vermeiden, ist die Unwissenheit.

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