Umzug und Sozialhilfe

Hier stehen nützliche Informationen zu allgemeinen Fragen (Schwerpunkte) der Sozialhilfe und Armut.

Moderator: Ekelteam

Umzug und Sozialhilfe

Neuer Beitragvon Moderator » Montag 14. Juni 2004, 21:40

Umzug und Kaution

Sie können grundsätzlich umziehen, wohin Sie wollen.
Aber: das Sozialamt trägt die volle Miete (und die Umzugskosten) der neuen Wohnung nur, wenn sie angemessen ist und der Umzug shr notwendig ist.

1.1 Nur in Wohnungen mit angemessener Miete umziehen

"Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft hat der Hilfeempfänger den dort zuständigen Träger über die ... Maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen; sind die Aufwendungen für die neue Unterkunft unangemessen hoch, ist der Träger nur zur Übernahme angemessener Umzug Aufwendungen verpflichtet, es sei denn, er hat den darüber hinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt". (§ 3 Abs 1 Satz 3 der VO zu § 22 BSHG)

Sie müssen also keine vorherige Zustimmung zum Umzug einholen, sondern nur das Sozialamt "in Kenntnis setzen". Das sollten Sie auch tun, um zu erfahren, ob das Sozialamt des Orts, an den Sie ziehen wollen, die Unterkunftskosten für angemessen hält.

Wenn Sie nämlich in eine Wohnung einziehen, deren Miete das Sozialamt nicht für angemessen hält, ist es nur verpflichtet, den angemessenen Teil der Miete zu zahlen. <I>(BVerwG 01.10.1998, NDV-RD 1999, 30)</I> Das gilt auch, wenn Sie das Sozialamt vor dem Umzug nicht informiert haben. Der angemessene Teil muss selbst dann berücksichtigt werden, wenn Sie die Differenz zur Gesamtmiete nicht dauerhaft tragen können.

Ein Sozialamt, das nach einem Umzug bei unangemessener Miete überhaupt keine Miete zahlt, handelt rechtswidrig.

Wenn Sie die Differenz zur tatsächlichen Miete nicht zahlen können, können Mietschulden auflaufen. Diese werden nicht übernommen, wenn die Miete unangemessen ist. Irgendwann könnten Sie also geräumt werden.

1.1.2
Wenn das Sozialamt des Herkunftsorts Ihre Umzugskosten übernommen und die Miete Ihrer Wohnung im Bereich eines anderen Sozialamts für angemessen erklärt hat, darf das Sozialamt des Orts, an den Sie ziehen, zumindest in Hessen die zeitweise Übernahme der vollen Miete auch dann nicht verweigern, wenn es die Kosten der Unterkunft für unangemessen hält. Sie werden dann jemandem gleichgestellt, der in einer unangemessen teuren Wohnung wohnte, bevor er Sozialhilfe bezog. (VGH Hessen 09.6.1994, FEVS 1995, 335)

Der Umzug in eine unangemessen teure Wohnung kann zulässig sein, wenn der Umzug unausweichlich und damit unaufschiebbar war, z.B. wegen drohender Wohnungslosigkeit und weil keine Alternativen bestanden. (BVerwG 30.05.1996 info also 1996, 200) Gründe können Feuchtigkeit, Kälte, Erkrankungen aufgrund der Beschaffenheit der Wohnung sowie Druck der Mitmieter sein. Sie müssten allerdings nachweisen, dass Sie trotz intensiver Bemühungen keine andere Wohnung finden konnten. In diesem Fall müsste auch eine unangemessene Miete übernommen werden. Aber auch hier gilt: lieber vorher die Zustimmung einholen.

2.1 Angemessene Miete bei Umzug

Wenn Sie umziehen wollen, können Sie (im günstigsten Fall) zwischen verschiedenen Wohnungen wählen. Eine Miete wird vom Bundesverwaltungsgericht nur dann als angemessen betrachtet, wenn sie nicht "unverhältnismäßig teurer" ist als die Mieten derjenigen "Unterkünfte, ... die dem Sozialhilfeempfänger im Bedarfszeitraum zugänglich sind". (BVerwG (17.11.1994, FEVS 1995, 363 ff.). Die billigste zugängliche Wohnung ist angemessen. Wohnungen mit höherer Miete nur, solange sie nicht "unverhältnismäßig teurer" sind als die Billigste.

"Der Träger der Sozialhilfe braucht Wünschen nicht zu entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre". <I>(§ 3 Abs. 2 BSHG)</I> Das OVG Hamburg hält die "Unverhältnismäßigkeit" schon dann für gegeben, wenn das Sozialamt "eine kostengünstigere Alternative konkret anbietet". (OVG Hamburg 30.04.1996, NDV-RD 1996, 99)
Solange unter all diesen Umständen die Unterkunftskosten einer neuen Wohnung angemessen sind, steht es einem Sozialhilfebezieher frei, in eine teurere Wohnung zu ziehen. (OVG NW FEVS 35, 428)

3.1 Umzugskosten

gehören zu den Kosten der Unterkunft. Das Sozialamt übernimmt sie aber nur, wenn der Umzug notwendig und die Miete angemessen ist.

Liegt die neue Unterkunft sehr weit weg von der alten, können die Umzugskosten überhöht sein. Solange die Mehrkosten nicht unverhältnismäßig sind <I>(§ 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG)</I>, müssen sie aber übernommen werden, da SozialhilfebezieherInnen ein Wunschrecht auf eine angemessene Gestaltung der Hilfe haben. <I>(BVerwG 26.03.1999, FEVS 51, 49)</I>

<B>4.1 Ein Umzug ist notwendig,
* wenn Sie geräumt werden,
* wenn Ihre bisherige Wohnung zu klein oder zu gross ist,
* wenn die Wohnung bauliche Mängel hat z.B. zu feucht ist oder keine Badewanne hat, obwohl ein Kleinkind im Haushalt lebt,
* wenn das Sozialamt selbst den Umzug herbeiführt, weil Ihre Miete unangemessen hoch ist,
* wenn sich Eheleute scheiden lassen bzw. nicht mehr zusammenleben wollen oder Unverheiratete sich trennen,
* wenn Sie mit jemandem zusammenziehen oder heiraten wollen oder
* wenn Sie den Arbeitsplatz wechseln.

Wenn ein Umzug als notwendig anerkannt wird, kann das Sozialamt trotzdem die Übernahme der Umzugskosten verweigern, wenn die Miete der neuen Wohnung unangemessen ist. <I>(VGH Hessen 19.03.1991, FEVS 41, 422; VGH Mannheim, FEVS 39, 73;</I> anderer Meinung <I>VGH Ba-Wü 02.09.1996, FEVS 47, 325 ff.)</I>

Auch wenn ein Umzug nicht notwendig ist, können Sie umziehen (zur Angemessenheit der Miete siehe oben). Sie bekommen nur die Umzugskosten nicht bezahlt. <I>(OVG Lüneburg 12.07.1994, info also 1994, 22 ff.)</I>

<B>5.1 Kostenvoranschläge</B>

Wenn Sie mit Hilfe der Familie oder von Bekannten den Umzug selber durchführen können, werden häufig nur die Kosten für den LKW bezahlt.

Beantragen Sie eine Pauschale für erhöhte Nahrungsmittel- und Getränkekosten. Sie können schlecht verlangen, dass Ihre ansonsten unbezahlten Umzugshelfer sich selbst verköstigen.

Wenn Sie keine Helfer finden, müssen Sie vor dem Umzug mindestens zwei Kostenvoranschläge von Umzugsfirmen beibringen.

<B>6.1 Zuständigkeit</B>

Zuständig für die Übernahme der Umzugskosten, ebenso der Kaution ist der Sozialhilfeträger des Orts, an dem Sie sich bis zum Zeitpunkt des Umzugs tatsächlich aufhalten <I>(§ 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG)</I>, aus dem Sie also wegziehen. <I>(OVG Lüneburg 28.01.1985 - 4 B 209/84; VGH Ba-Wü 02.09.1996, FEVS 1997, 325 f.; VG Braunschweig 25.06.1998, NDV-RD 1999, 16)</I><BR>
Das alte Sozialamt muss dem neuen Sozialamt noch bis zu zwei Jahre die Sozialhilfekosten ersetzen. <I>(§ 107 Abs. 2 BSHG)</I>

<B><I>Kritik</I></B>

Das Sozialamt erschwert Umzüge. Mit irgendeiner Billigwohnung als Maßstab können auch Mieten, die angemessen sind, unverhältnismäßig teuer und damit "unangemessen" sein. Unverhältnismäßig teuer kann eine neue Wohnung selbst dann sein, wenn sie erheblich billiger ist als die alte.
Unverhältnismäßig teurer kann eine neue Wohnung auch deswegen sein, weil Sie schon in einer schlecht ausgestatteten und deshalb billigen Wohnung wohnen.
Dürfen arme Leute nicht aus unzumutbaren Wohnungen ausziehen?<BR><BR>
Nicht nur der Preis, auch die Qualität einer Wohnung muss Kriterium für Angemessenheit sein!



<FONT size="3"><B>Kaution</B></FONT>


"... Mietkautionen können bei vorheriger Zustimmung übernommen werden. Eine Zustimmung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe selbst veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann". <I>(§ 3 Abs. 1 der VO zu 22 BSHG - Regelsatzverordnung)</I>

<B>1.1 Bedingungen für die Übernahme</B>

<B>1.1.1 Kautionen müssen immer vor dem Umzug beantragt werden.</B>

<B>1.1.2</B> Die Übernahme einer Kaution darf nicht mit dem Hinweis verweigert werden, es gebe auch Wohnungen ohne Kaution. <I>(VG Braunschweig Az.: 3A 283/99, FR 10.01.2000; OVG Lüneburg 02.02.2000, FEVS 2000, 477)</I> Das würde SozialhilfebezieherInnen auf einen kleinen Teil des Wohnungsmarktes ausgrenzen. Darüber hinaus müsste es auch überhaupt möglich sein, eine Wohnung ohne Kaution anzumieten.

<B>1.1.3</B> Wenn Sie von Wohnungsverlust bedroht sind, wird in Frankfurt die Kaution auf jeden Fall übernommen. <I>(FR 2042/14, August 1992)</I>

<B>1.1.4</B> Die anzumietende Wohnung muss eine angemessene Miete haben. <I>(OVG Hamburg 18.08.1993 FEVS 44, 293 ff.)</I>

<B>1.2 Zuständig </B>

für die Kaution ist das bisherige Sozialamt. (<I>OVG Lüneburg 28.01.1985, FEVS 1985, 447 ff)</I> Wenn die Kaution erst bei Einzug in die neue Wohnung fällig wird, ist das Sozialamt des Zugangsorts zuständig. <I>(OVG Lüneburg 07.07.1998, FEVS 49, 538 ff.)</I>

<B>2.1 Kautionen als Darlehen?</B>

<B>2.1.1 Kaution an den Vermieter</B>

In der Regel zahlt das Sozialamt die Kaution direkt auf das Konto des Vermieters. Kautionen sind dann eine Sicherheitsleistung, die in der Verfügung des Sozialamts bleibt und diesem auch zurückgezahlt wird. <I>(vgl. FRL III zu § 15a vom 01.09.1999)</I>
Es macht hier keinen Sinn, die Kaution als Darlehen zu vergeben, das vom Sozialhilfebezieher zurückgezahlt werden muss.<BR>

<B>2.1.2 Kaution an den Mieter</B>

Zahlt das Sozialamt die Kaution an den Mieter, würde sie bei Auszug ebenfalls an den Mieter zurückgezahlt, ob er dann noch Sozialhilfebezieher ist oder nicht.

Nur in diesem Fall macht es Sinn, dass das Sozialamt die Rückzahlung der Kaution an sich durch eine Abtretungserklärung und einen Darlehensvertrag sichert.

Aber: Kautionen sind aus dem § 15a BSHG ("Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen"), wonach sie als Darlehen vergeben werden konnten, <I>(§ 15a Abs. 1 Satz 4 BSHG)</I> in die Verordnung zu § 22 BSHG vom 23.07.1996 verlagert worden. Dort ist nicht mehr vorgesehen, Kautionen als Darlehen zu vergeben.


<B>2.2 Abzug der Kaution von der laufenden Sozialhilfe?
</B>

Werden Kautionen als Darlehen vergeben, ist es rechtswidrig, sie in monatlichen Abzügen mit der Sozialhilfe aufzurechnen. Aufrechnungen sind nur unter den Bedingungen des § 25a BSHG (Rückzahlung) erlaubt.


<I>MiSi e.V. <BR>
<FONT size="1">(Auszüge aus dem Leitfaden der AG TUWAS Frankfurt 2002)</FONT></I>
Administrator

Fortschritt ist eine Aneinanderreihung vieler kleiner Schritte. Entscheidend ist die Richtung des ersten Schrittes.
Benutzeravatar
Moderator
Administrator
Administrator
 
Beiträge: 438
Registriert: Samstag 12. Juni 2004, 12:04
Wohnort: Kurpfalz

Zurück zu Infos

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 6 Gäste

cron


W e r b u n g
BoniMail klamm.de - Geld. News. Promotion! Jetzt bei McMailer.de anmelden
CCleaner - Freeware Windows Optimization
Kampagne: Kopfpauschale stoppen! Kampagne: Parteienfinanzierung reformieren Aktions- und Menschenkette