Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Hessisches Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und zur Ãnderung anderer sozialrechtlicher Vorschriften
Die Landesregierung legt mit Schreiben vom 27. September 2004 den nachstehenden, durch Kabinettsbeschluss vom 27. September 2004 gebilligten und festgestellten Gesetzentwurf dem Landtag zur Beschlussfassung vor. Der Gesetzentwurf wird vor dem Landtag von der Sozialministerin vertreten.
Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf werden die Voraussetzungen geschaffen, um die bundesgesetzlichen Ermächtigungen (Landesrechtsvorbehalte) im SGB XII und SGB II umzusetzen.
Der Gesetzentwurf sieht zur Umsetzung der beiden Sozialgesetzbücher (SGB XII und SGB II) schwerpunktmäßig folgende landesrechtliche Regelungen vor:
1. Das Ausführungsgesetz zum SGB XII (HAG/SGB XII) stellt sicher, dass nicht bereits zum 1. Januar 2005 Änderungen in der Aufgabenzuständigkeit auf der kommunalen Ebene erfolgen. Die weitreichenden Anpassungen infolge der neuen Systematik des SGB XII (§§ 97 ff.) und nach dem SGB II sind auch mit den beteiligten Verbänden vertieft zu erörtern. Die bundesgesetzlich vorgesehenen Übergangsvorschriften zu § 97 SGB XII und nach Art. 68 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch sehen eine entsprechende rechtliche Anpassung bzw. Ãnderung vor.
Hessisches Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und zur Ãnderung anderer sozialrechtlicher Vorschriften.
Artikel 1
Hessisches Ausführungsgesetz zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (HAG/SGB XII)
§ 1 Örtliche Träger der Sozialhilfe
(1) Örtliche Träger der Sozialhilfe nach § 3 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sind die kreisfreien Städte und die Landkreise; sie führen die Sozialhilfe als Selbstverwaltungsangelegenheit durch.
(2) Die örtlichen Träger der Sozialhilfe erlassen den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz.
§ 2 Sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe
(1) Der örtliche Träger der Sozialhilfe ist abweichend von § 97 Abs. 3 des
Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sachlich zuständig:
1. für die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, sofern diese nicht in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung gewährt werden. Der überörtliche Träger der Sozialhilfe nach § 3 ist sachlich zuständig bei Nichtsesshaften für die Hilfen nach § 8 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie für die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung außerhalb einer Einrichtung zur stationären Betreuung, sofern die Hilfe zur Sesshaftmachung bestimmt ist,
2. für die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel und § 72 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für Personen mit Beginn des Kalendermonats, der auf die Vollendung des 65. Lebensjahres folgt, wenn die Hilfe in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung zu gewähren ist,
3. für heilpädagogische Maßnahmen, die Kindern in Kindertageseinrichtungen gewährt werden,
4. für die Gewährung der Eingliederungshilfe, Unterbringung und Versorgung von behinderten Menschen in betreuten Wohnmöglichkeiten.
(2) Für Personen, die bei Vollendung des 65. Lebensjahres Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer Einrichtung zur stationären Betreuung erhalten, bleibt der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig.
(3) In den Fällen, in denen grundsicherungsberechtigte Personen im Alter und bei Erwerbsminderung Leistungen nach den §§ 53 bis 55 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Einrichtungen zur teilstationären Betreuung erhalten, sind die örtlichen Träger der Sozialhilfe zuständig. Für grundsicherungsberechtigte Personen nach Satz 1, die in Einrichtungen vollstationär betreut werden, erbringt der überörtliche Träger der Sozialhilfe die Leistungen der Grundsicherung. Er ist auch für Personen zuständig, die vollstationär betreut werden, das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und denen Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch gewährt wird. Durch Rechtsverordnung der Landesregierung kann eine von Satz 1 bis 3 abweichende Zuständigkeit festgelegt werden.
§ 3 Überörtlicher Träger der Sozialhilfe
(1) Überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist der Landeswohlfahrtsverband Hessen; er führt die Sozialhilfe als Selbstverwaltungsangelegenheit durch.
(2) Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung bestimmen, dass der überörtliche Träger für weitere Aufgaben der Sozialhilfe sachlich zuständig ist, wenn eine überörtliche Wahrnehmung dieser Aufgaben geboten ist.
(3) Der überörtliche Träger der Sozialhilfe erlässt den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz.
§ 4 Heranziehung kreisangehöriger Gemeinden durch die Landkreise
(1) Die Landkreise können auf Antrag kreisangehöriger Gemeinden mit mehr als 5 000 Einwohnern bestimmen, dass diese Gemeinden den Landkreisen als örtlichen Trägern obliegende Aufgaben ganz oder teilweise durchführen und dabei selbstständig entscheiden. Die Durchführung aller Aufgaben soll in der Regel nur Gemeinden mit mehr als 7 500 Einwohnern übertragen werden. Die Landkreise können für die Durchführung der Aufgaben Weisungen erteilen. Die Weisungen sollen sich auf allgemeine Anordnungen beschränken und in der Regel nicht in die Einzelausführung eingreifen.
(2) Die dauerhafte Zusammenarbeit mit dem zuständigen kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch soll sichergestellt werden; dies gilt entsprechend für den örtlich zuständigen Landkreis als zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch.
(3) Über die Heranziehung von kreisangehörigen Gemeinden beschließt der Kreisausschuss; der Beschluss ist wie eine Satzung (entsprechend § 5 Abs. 3 der Hessischen Landkreisordnung) öffentlich bekannt zu machen und dem für die Sozialhilfe zuständigen Ministerium anzuzeigen.
(4) Die Heranziehung einer kreisangehörigen Gemeinde ist auf deren Antrag aufzuheben. Bei kreisangehÃrigen Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern kann sie nur mit deren Zustimmung aufgehoben werden. Satz 2 gilt nicht, wenn der zuständige Landkreis Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 6a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch wahrnimmt oder die kreisangehÃrige Gemeinde nicht die Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch wahrnimmt. Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.
§ 5 Kostenträger
(1) Die Träger der Sozialhilfe tragen die Kosten für die Aufgaben, die ihnen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, nach diesem Gesetz oder nach einer Rechtsverordnung aufgrund dieser Gesetze obliegen.
(2) Werden Aufgaben nach § 5 von kreisangehörigen Gemeinden durchgeführt, so hat der Landkreis die aufgewendeten Kosten zu erstatten. Verwaltungskosten werden nicht erstattet.
(3) Werden Aufgaben nach § 6 von örtlichen Trägern durchgeführt, gilt Abs. 2 entsprechend.
§ 6 Vorläufige Hilfeleistung
(1) Steht nicht fest, welcher Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig ist, hat der örtliche Träger, in dessen Bereich die Hilfe suchende Person sich tatsächlich aufhält, bis zur Klärung der sachlichen Zuständigkeit einzutreten.
Das gilt auch, wenn der überörtliche Träger nicht rechtzeitig tätig werden kann, die Gewährung der Hilfe aber keinen Aufschub duldet. Der örtliche Träger hat den überörtlichen Träger unverzüglich über seine Maßnahmen zu unterrichten. Dieser hat die aufgewendeten Kosten zu erstatten.
(2) Die kreisangehörigen Gemeinden haben vorläufig die unerlässlich notwendigen Maßnahmen zu treffen, wenn der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig tätig werden kann, die Gewährung der Hilfe aber keinen Aufschub duldet. Sie haben den Träger der Sozialhilfe unverzüglich über ihre Maßnahmen zu unterrichten. Der Träger der Sozialhilfe hat die aufgewendeten Kosten zu erstatten.
Übergangs- und Schlussbestimmungen
(1) Kreisangehörigen Gemeinden, die am 31. Dezember 2004 Aufgaben des örtlichen Trägers der Sozialhilfe nach § 4 des Ausführungsgesetzes zum Bundessozialhilfegesetz in der Fassung vom 14. Oktober 2002 (GVBl. I S. 642) wahrnehmen, gelten ab dem 1. Januar 2005 die Aufgaben nach § 4 Abs. 1 als übertragen.
(2) Heranziehungen von örtlichen Trägern der Sozialhilfe zur Durchführung von Aufgaben nach § 5 Abs. 1 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bundessozialhilfegesetz in der Fassung vom 14. Oktober 2002 (GVBl. I S. 642), die am 31. Dezember 2004 Geltung hatten, gelten fort. Werden Aufgaben des überörtlichen Trägers von örtlichen Trägern durchgeführt, ist der Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz von den örtlichen Trägern der Sozialhilfe zu erlassen.
(3) Nach Art. 1 § 97 Abs. 2 und Art. 68 Abs. 2 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022) ist bis zum 31. Dezember 2006 § 2 in folgender Fassung anzuwenden:
§ 2 Sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe
(1) Der überörtliche Träger der Sozialhilfe ist sachlich zuständig, soweit nicht der örtliche Träger sachlich zuständig ist,
1. für die Leistungen nach dem Sechsten bis Neunten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für die in § 53 Abs. 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch genannten Personen, für Geisteskranke, Personen mit einer sonstigen geistigen oder seelischen Behinderung oder Störung, Anfallskranke und Suchtkranke, wenn es wegen der Behinderung oder des Leidens dieser Personen in Verbindung mit den Besonderheiten des Einzelfalles erforderlich ist, die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung oder in einer Einrichtung zur teilstationären Betreuung zu gewähren; dies gilt nicht, wenn die Hilfegewährung in der Einrichtung überwiegend aus anderem Grunde erforderlich ist,
1. für Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für Personen mit Beginn des Kalendermonats, der auf die Vollendung des 65. Lebensjahres folgt, wenn die Hilfe in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung zu gewähren ist,
2. für heilpädagogische Maßnahmen, die Kindern in Kindertageseinrichtungen gewährt werden.
(4) Für Personen, die bei Vollendung des 65. Lebensjahres Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer Einrichtung zur stationären Betreuung erhalten, bleibt der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig.
(5) Der überörtliche Träger ist außer für die Aufgaben nach den Abs. 1 und 2 auch sachlich zuständig bei Nichtsesshaften für die Hilfe zum Lebensunterhalt oder in besonderen Lebenslagen außerhalb einer Anstalt, eines Heimes oder einer gleichartigen Einrichtung, wenn die Hilfe zur Sesshaftmachung bestimmt ist.
(6) In den Fällen, in denen grundsicherungsberechtigte Personen im Alter und bei Erwerbsminderung Leistungen nach den §§ 53 bis 55 des zwölften Buches Sozialgesetzbuch teilstationäre Leistungen erhalten, sind die örtlichen Träger der Sozialhilfe zuständig. Für grundsicherungsberechtigte Personen nach Satz 1, die in Einrichtungen vollstationär betreut werden, rrbringt der überörtliche Träger der Sozialhilfe die Leistungen der Grundsicherung. Er ist auch für Personen zuständig, die vollstationär betreut werden sowie das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und denen Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch gewährt wird. Durch Rechtsverordnung der Landesregierung kann eine von den Sätzen 1 bis 3 abweichende Zuständigkeit festgelegt werden."
II. Zielsetzung
Die Länder müssen mit Wirkung zum 1. Januar 2005 ihre länderrechtlichen Ausführungsbestimmungen in Kraft setzen.
III. Wesentlicher Inhalt
Der Gesetzentwurf sieht zur Umsetzung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) schwerpunktmäßig folgende landesrechtliche Regelungen vor:
1. Das Ausführungsgesetz zum SGB XII stellt sicher, dass nicht bereits zum 1. Januar 2005 Änderungen in der Aufgabenzuständigkeit auf der kommunalen Ebene erfolgen. Die weitreichenden Anpassungen infolge der neuen Systematik des SGB XII (§§ 97 ff.) ab 1. Januar 2007 sind auch mit den beteiligten Verbänden vertieft zu erörtern.
Die bundesgesetzlich vorgesehene Übergangsvorschriften zu § 97 SGB XII und nach Art. 68 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch sehen jedoch eine entsprechende rechtliche Neuregelung bzw. Anpassung erst Ende 2006 vor.