Hilfe, eine wichtige Frage, bin verzweifelt !!

Hier soll zumindest versucht werden, den Fragestellern bei der Lösung ihrer Probleme zu helfen. Ausgangsbeiträge kann jeder ohne Registrierung oder Namensangabe - am Besten natürlich eine Frage oder ein Problem - eröffnen. Wer auf Fragen (Ausgangsbeiträge) antworten will, muß sich z.Z. nicht registrieren.

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Hilfe, eine wichtige Frage, bin verzweifelt !!

Neuer Beitragvon peter123 » Sonntag 22. August 2004, 15:47

Hallo,
ich habe eine wichtige Frage,
nach dem ich 3 Monate Sozialhilfe erhalten habe wollte das Sozialamt eine "Besichtigung" der Wohnung durchführen. Bei dieser "Besichtigung" hat mir mein Ansprechpartner mitgeteilt, dass die Zahlungen sofort eingestellt werden weil ich mit meiner Freundin in einer Ehe-Änhlichen Gemeinschaft lebe. Dies ist 4 Tage vor der monatlichen Mietzahlung geschehen. Der Ansprechpartner vom Sozialamt sagte mir, dass meine Freundin bei Ihm vorstellig werden sollte und Lohnabrechnungen, Kontoauszüge , Antrag etc. abgeben bzw. ausfüllen sollte, damit meine "Bedürftigkeit" neu berechnet werden könne, dies könnte aber erst in 14 Tagen geschen da er vorher keine Zeit hätte.. !!
Ich müßte mir also Geld für Miete etc. privat ausleihen um die Kosten zu bezahlen. Mittlerweile habe ich mit meiner Freundin alle Unterlagen parat und ausgefüllt und wollte diese bei meinem Ansprechpartner im Amt abgeben. Er sagte mir allerdings dass meine Freundin persönlich diese Unterlagen abgeben muß ! Dies ist für uns absolut unmöglich da sie berufstätig ist und dies es zeitlich unmöglich macht im Sozialamt persönlich zu erscheinen. Meine Frage nun : ist es rechtmäßig dass Sie persönlich dort vorsprechen muß ? Reicht es nicht aus dass ich alle Unterlagen von Ihr unterschrieben abgebe ? Ich bitte um Antworten, ich bin total verzweifelt und stehe z.z. ohne einen Cent Geld da, da das Amt die Zahlungen erst wieder aufnimmt wenn die Neu-Berechnung erfolgt ist, zusätzlich habe ich den Eindruck, dass der Mitarbeiter im Amt die ganze Sache rauszögert ....

Vielen Dank
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Worüber beklagst Du Dich eigentlich?

Neuer Beitragvon putenschnitzel » Sonntag 22. August 2004, 19:32

Bei allem Verständnis dafür, dass keiner zu weinig haben möchte, ist das, was Du Dir erlaubt hast, ein Schlag ins Gesicht für alle anderen, die wegen des Partnereinkommens keine Unterstützung erhalten.

Ich selbst war zwar noch nie auf einem SA, aber aus Erfahrung mit Betroffenen wird man Dich sicher nach Deinen Lebensverhältnissen gefragt haben.
Da erst durch die Besichtigung heraus kam, dass Du in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebst, hast Du wissentlich bei der Antragstellung eine Falschaussage abgegeben.

Wissentlich zu Deinem Vorteil.
Also trage auch die nachteiligen Konsequenzen.
Da Deine Freundin berufstätig ist, und ein Einkommenn hat, wird sie bis zur Klärung auch Deine Kosten tragen müssen.
Und wenn Du großes Glück hast, wird es nur bei einer Rückforderung der zuviel gezahlten SH bleiben.

Eigentlich solltest Du eher schweigen, und hier nicht so tun als seist Du völlig unschuldig.
Einzig als Entschuldigung für Dich könnte gelten, wenn die Freundin erst ganz kurz vor der Besichtigung bei Die eingezogen ist. Für den Fall wirst Du Nachweise bringen müssen.

Jens
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Neuer Beitragvon Holger von oben » Dienstag 24. August 2004, 20:54

@ Jens:

Vielleicht wäre es besser, sich erst schlau zu machen, bevor man hier eine Antwort gibt. Hat den großen Vorteil, dass man sich nicht lächerlich macht. Informationen zu diesem Thema gibt es wahrlich genug.

@ Peter:

Eine Besichtigung kann das Sozialamt jederzeit durchführen, um sich von der Bedürftigkeit zu überzeugen. Ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, muss anhand von Indizien überprüft werden. Es gibt insgesamt über hundert Indizien, die das Sozialamt dafür prüfen muss. Ein Besichtigungstermin kann Auskunft über ein paar dieser Indizien geben, ist aber nicht geeignet, abschließend über das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zu urteilen. Die Einstellung der Sozialalhilfe ist damit rechtswidrig.

Wenn der überwiegende Teil der Indizien (gewichtet) für eine eheähnliche Gemeinschaft sprechen, darf das Sozialamt von einer solchen ausgehen. Erfolgt keine entsprechende Prüfung wie hier, darf das Sozialamt keine eheähnliche Gemeinschaft unterstellen.

Nur wenn eine eheähnliche Gemeinschaft rechtmäßig festgestellt wurde, darf das Sozialamt vermuten, dass der vermögendere Partner den anderen Partner freiwillig unterstützt. Anders als in einer Ehe besteht in einer eheähnlichen Gemeinschaft nämlich keine Verpflichtung, den bedürftigen Partner zu unterstützen. Eine Unterstützung ist immer freiwillig.

Erfolgt eine solche freiwillige Unterstützung, dann wäre es möglich, dass der vermögendere Partner dadurch selbst zum Sozialhilfeempfänger wird, weil sein Einkommen (nach Abzug der Unterstützungsleistung) unter den Sozialhilfesatz rutscht. In diesem Fall darf das Sozialamt die Vermögensverhältnisse des vermögenderen Partners überprüfen, um festzustellen, ob dieser ebenfalls sozialhilfeberechtigt ist. Ist das zutreffend, darf das Sozialamt aus beiden Personen eine Bedarfsgemeinschaft bilden und entsprechend die Sozialhilfe für beide Personen berechnen.

Stellt sich heraus, dass die vermögendere Person nicht zum Sozialfall wird, darf keine Bedarfsgemeinschaft gebildet werden und es muss eine Einzelberechnung für die bedürftige Person erfolgen. Die freiwilligen Unterstützungsleistungen, die der bedürftige Partner vom vermögenderen Partner erhält, darf das Sozialamt auf dessen Sozialhilfe anrechnen und die Sozialhilfe entsprechend kürzen oder ggf. ganz einstellen.

Wie bereits ausgeführt, besteht keine Verpflichtung für den vermögenderen Partner, den anderen zu unterstützen. Sofern sich also der vermögendere Partner weigert, den anderen zu unterstützen (was sein gutes Recht ist), ist er kein Sozialhilfeempfänger und darf gegen seinen Willen auch nicht dazu gemacht werden. Er ist dann nicht verpflichtet, seine Einkommens- oder Vermögensverhältnisse gegenüber dem Sozialamt zu offenbaren. Das müssen nur Sozialhilfeempfänger.

Ob der vermögendere Partner den anderen bislang unterstützt hat oder nicht, spielt keine Rolle. Er kann sich zu jeder Zeit entscheiden, den anderen nicht oder nicht mehr zu unterstützen. Sobald keine Unterstützung erfolgt, muss das Sozialamt Sozialhilfeleistungen an den bedürftigen Partner erbringen.

Das, was das Sozialamt von Deiner Freundin verlangt, ist nur zulässig, wenn sie Dich regelmäßig und freiwillig finanziell unterstützt.
Es ist dann aber unzulässig, das persönliche Erscheinen zu fordern, wenn hierfür keine besonderen Gründe vorliegen. Diese liegen hier nicht vor. Alle Unterlagen können auch schriftlich eingereicht werden.
Es ist dann ebenfalls unzulässig, die Bearbeitung eines Antrages, der lebensnotwendige Hilfe beinhaltet, um 14 Tage zu verschieben. Da die Einstellungsankündigung vier Tage vor Ablauf der Abrechnungsperiode erfolgte, hast Du nur noch einen Restbetrag zur Sicherung des Lebensunterhalts von vier Tagen. Die begehrte Hilfe ist somit lebensnotwendig, der Sachbearbeiter muss spätestens innerhalb von vier Tagen darüber entschieden haben, ansonsten hat er Dir einen Vorschuss zu zahlen.
Weiterhin ist es unzulässig, die aufgeführten Unterlagen zu fordern. Diese unterliegen z. T. dem Sozialdatenschutz und gehen das Sozialamt nichts an. Erforderliche Nachweise können ggf. auch auf andere Weise erbracht werden.

Aber wie gesagt: Das vorstehende gilt nur, wenn Deine Freundin Dich regelmäßig und freiwillig finanziell unterstützt. Tut sie das nicht oder tut sie es künftig nicht mehr, darf das Sozialamt gar nichts von ihr verlangen - sie hat dann nämlich mit dem Sozialamt nichts am Hut.

Du solltest dann allerdings dem Sozialamt nachweisen, dass sie Dich nicht finanziell unterstützen will (entsprechende Erklärung Deiner Freundin) und dass sie das auch nicht tut (z. B. durch Vorlage entsprechender Kontoauszüge - entweder von ihrem Konto oder von Deinem Konto).

Grundsätzlich sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass das Sozialamt das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft beweisen muss, wenn es eine solche behauptet. Dazu würde auch gehören, dass das Sozialamt beweisen muss, dass Unterstützungszahlungen fließen. Sofern keine Unterstützungszahlungen erfolgen, weil der vermögendere Partner nicht zahlen will, darf nach derzeitiger Rechtsprechung nämlich niemand mehr von einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgehen, egal wieviele weitere Indizien für eine eheähnliche Gemeinschaft sprechen würden.

Ich hoffe, das war nicht zu kompliziert. Falls doch, frag einfach noch mal.

Liebe Grüsse

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Neuer Beitragvon Moderator » Mittwoch 25. August 2004, 08:26

Hallo Ihr Lieben,

ich möchte den letzten Absatz von Holger verdeutlichen:

Entscheidend für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft ist das Füreinander-Einstehen. Ist das nicht gegeben, dann ist es rechtwidrig von einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen. § 16 Satz 2 BSHG läßt dazu die Möglichkeit, da dem Gesetzgeber schon klar war, daß eine Unterhaltsverpflichtung in eheähnlichen Gemeinschaften verfassungswidrig wäre. (Ich persönlich finde diese gesetzliche Vermutung schon rechtlich fraglich)

Allerdings stellt sich in der Praxis immer wieder heraus, daß Sachbearbeiter auf Deutschen Sozialämtern einfach zu doof sind, das zu begreifen und es deshalb immer wieder probieren und den Partner von vermeintlichen eheähnlichen Gemeinschaften das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Der rechtwidrige Erfolg gibt den einfach strukturierten Sachbearbeitern leider Recht. Die Unwissenheit und die Obrigkeitsangst der Klientel wird von Sachbearbeitern schamlos und menschenverachtend ausgenutzt.

@ putenschnitzel
Wenn es auch noch so schwerfällt. Ich möchte nicht, daß in Fragen und Antworten ein Hilfesuchender angemeckert oder sonst wie erschreckt wird. Ich hoffe, wir verstehen uns!
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Neuer Beitragvon Horst aus FD » Donnerstag 26. August 2004, 11:45

DAS ist es, was mir an diesem Forum zusagt, das Solidarverhalten.
SB "von oben herab" brauchen wir hier nicht auch noch.
Behördenterror ist in D vielgestaltig, wird im Namen von Hartz IV noch viel mehr zunehmen. Es kann nahezu jeden Normalbürger treffen.
Peter ist hier in guten Händen. Mein Mitgefühl. Ich halte auch ihm die Daumen.
Bei der sog. Aktion Mensch unter http://www.familienratgeber.de ist das mit dem Solidarverhalten für Rat- und Hilfesuchende z.T. wohl anders.
Dank und Respekt dem hiesigen Administrator.
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Anrechnung von Partnereinkommen

Neuer Beitragvon putenschnitzel » Donnerstag 26. August 2004, 21:43

Wenn es rechtlich so ist, wie Du beschrieben hast, dann verstehe ich nicht, weshalb sich Partner wieder getrennte Wohnungen suchen, um der Anrechnung des Partnereinkommens zu entgegen.
Was ich bisher so mitbekommen habe, war grundsätzlich, wer zusammen wohnt ist sich auch ohne Trauschein gegenseitig verpflichtet, und Basta.

Deinen Ausführungen nach handeln viele SA eindeutig rechtswidrig.
Ich habe mir Deine Erläuterungen separat gespeichert, da gleiches sicher in vielen Fällen beim ALG II passieren wird, und Betroffene gar nicht wissen, dass es ungesetzlich ist.
Ich muss auch zugeben, dass ich geglaubt habe, dass das gegenseiteige Füreinanderaufkommen von Paaren ohne trauschein gesetzlich geregelt ist.
Dass man da aber nur einen mehrfach gelungenen Bluff zum Gesetz gemacht hat, den auch in anderen Foren hauptsächlich die SB's zum unumstößlichen Gesetz erklären, das haut mich jetzt doppelt um, da auch von anderen betroffenen Usern keine gegenteiligen Argumente kamen.
Mag sein, dass das, was sie sich aus Unwissenheit als Gesetz aufdrücken ließen, ebenso auch für anderen gelten müsste.

Ich entschuldige mich für meinen Fehler, das dann ebenfalls als richtig anerkannt zu haben.

Vor diesem, leider falschen Hintergrund, kam mir der Hilferuf von Peter123 als Verspottung aller anderen vor, die sich "zwangsweise ehrlich" verhalten, und ihre Partner finanziell unterstützen.
Mir geht ehrlich immer das Messer in der Tasche auf, wenn in diesen verblödetet Talkshows da Typen herum motzen, dass sie gar nicht daran denken, sich eine reguläre Arbeit zu suchen, sondern lieber neben der SH schwarz die dicke Kohle machen.
Das, was da jemand vielleicht noch für Geld von sich gibt, und über den Sender in Millionen Köpfe genagelt wird, finde ich einfach zum Ko...
Ebenso die Meinungen von Betroffenen, dass es ihnen mit Hartz IV besser gehen wird, da sie ja ein paar Euro mehr bekommen. Was sie davon aber zahlen müssen, haben sie wahrscheinlich noch nicht überschlagen (oder sind für das Gefasele auch bezahlt worden).
Ich habe Peter123 als einen Fake-Poster betrachtet, der die öffentliche Meinung bestärken wollte, dass SHE's und alle anderen Arbeitslosen alles nur Betrüger sind.
Und den Leuten, die massiv das Ansehen der SHE's in den Dreck ziehen, fahre ich gegen die Karre (mein Originaltext war noch viel gemeiner).

Da die Rechtslage ja eine ganz andere ist, möchte ich mich bei Peter123 in aller Form entschuldigen.

@ Horst aus FD
Ich bin kein SB.
Ich drücke nicht von oben, sondern von unten, damit der eine oder andere wieder etwas hoch kommt.
Nur kenne ich eben nicht die Durchführungsverordnungen (oder wie das heißt), um alles zu wissen, wogegen ein SHE vorgehen kann.
Aber ich bin jetzt, was die eheähnliche Gemeinschaft betrifft, etwas schlauer geworden.
(Es ärgert mich nur, dass es nicht schon eher geschah, aber die neue Erfahrung geht gleich per Telefon an zwei mir bekannte Betroffene. Vielleicht hilft's noch was.)

Liebe Grüße
und klein bei
Jens
putenschnitzel
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Re: Worüber beklagst Du Dich eigentlich?

Neuer Beitragvon Schaf » Freitag 27. August 2004, 08:28

putenschnitzel hat geschrieben:
Bei allem Verständnis dafür, dass keiner zu weinig haben möchte, ist das, was Du Dir erlaubt hast, ein Schlag ins Gesicht für alle anderen, die wegen des Partnereinkommens keine Unterstützung erhalten.

Da erst durch die Besichtigung heraus kam, dass Du in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebst, hast Du wissentlich bei der Antragstellung eine Falschaussage abgegeben.


Jens



@ll
eine ehrliche Meinung sollte jedem zugestanden werden.
Ein Forum ist zur Diskussion da, wenn aber jede Diskussion von vornherein abgeblockt wird ...........

Was habe ich von Honig um den Bart schmieren?

Wirkliche Hilfe und Ehrlichkeit - das wünsche ich mir!
Ich denke nur damit ist einem Hilfesuchenden auch wirklich geholfen.

Menschen die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfanges der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten.


Art. 6 GG, §§ 13, 37, 122, 122a, 140 BSHG
Das BSHG bestimmt, dass...
"Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, dürfen hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfanges der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten" (§ 122 BSHG).

Was ist sozialhilferechtlich eine eheähnliche Gemeinschaft?

Im Urteil vom 17.05.95 - 5 C 16.93 - gibt das BVerwG seine bisherige Rechtsprechung auf und definiert eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 122 S. 1 BSHG als ...

· eine Wohngemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau
· die auf Dauer angelegt ist
· daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und
· sich durch innere Bindung auszeichnet
· die Bindung der eheähnlichen Partner muss so eng sein, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in Notfällen des Lebens erwartet werden kann
· zwischen ihnen also ein gegenseitiges Verantwortungsbewusstsein besteht

Ihr Zusammenleben ist nur eheähnlich, wenn alle oben genannten "Punkte" für Sie zutreffend sind. Der Sozialhilfeträger muss Ihnen aber nicht jeden "Punkt" nachweisen.
Wenn ein Mann und eine Frau in einem Haushalt zusammenleben, dann kann (nicht muss!; s. Beschluss des OVG Lüneburg v. 26.01. 1998 - 12 M 345/98) der Sozialhilfeträger davon ausgehen, dass die oben genannten "Punkte" zutreffend sind.
Wenn er Ihnen einen der "Punkte" nachweisen kann, dann verhärtet sich seine Vermutung. Falls der Sozialhilfeträger Ihnen jedoch einen der o.a. Punkte nicht nachweisen kann, kann er nicht von dem Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgehen.

Die Frage, ob bei einer Vermutung des Sozialhilfeträger die Beweislast bei Ihnen oder beim Sozialhilfeträger liegt ist in der Rechtsprechung umstritten.
Unter Berücksichtigung der Anforderungen, die das BVerwG in seinem Urteil vom 17.05.95 aufgestellt hat, weist das VGH BW in seinem Urteil vom 14.04.97 - 7 S 1816/95 - FEVS 48/98 S. 29 ff., NDV-RD 1998, 2, 35 Ihnen die Beweislast zu. Sie sollen also nachweisen, das die Vermutung des Sozialhilfeträger nicht zutrifft.

Das OVG Lüneburg hat dagegen in seinem Urteil vom 26.01.1998 - 12 M 345/98 - (vernünftiger Weise) einer "Umkehr der Beweislast" eine klare Absage erteilt.
Das Urteil des OVG Saarlouis vom 03.04.1998 - 8 V 4/98 - FEVS 48/98 S. 557 ff., setzt sich ebenfalls mit der Entscheidung des VGH BW auseinander. Im Gegensatz zum VGH BW ist das OVG Saarlouis (richtigerweise) der Auffassung, das zu Beginn einer "Zweckgemeinschaft" zwischen einem Mann und einer Frau nicht ohne weiteres von einer "festen Beziehung" ausgegangen werden kann.

Es kommt zu der abschließenden Aussage, dass "... die Entscheidung ... nicht etwa dahin verstanden werden ... (kann)... , daß bereits vom Beginn einer Wohngemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die sich als reine Zweckgemeinschaft darstellt, ohne weiteres von einer "festen Beziehung" als dem Prototyp der eheähnlichen Gemeinschaft ausgegangen werden kann. Wäre die Entscheidung des BVerwG so zu verstehen, könnte sie den fließenden Übergängen von in mehr oder weniger Wohngemeinschaft gelebten bloßen Freundschaftsverhältnissen bis hin zu "festen Beziehungen" im Sinne einer Einstandsgemeinschaft nicht gerecht werden und würde über das mit § 122 BSHG intendierte Ziel des Vermeidens der Schlechterstellung der Ehe im Leistungsvollzug hinausschießen".

Geschwister und gleichgeschlechtliche Partner können keine eheähnliche Gemeinschaft begründen. Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft ist nur zwischen zwei Menschen möglich, die grundsätzlich auch eine Ehe schließen könnten.

Dazu gibt es aber folgende Ausnahme:
Sie sind verheiratet, leben aber nicht mit Ihrem Ehepartner zusammen, sondern in einer Wohngemeinschaft mit einem gegengeschlechtlichen Mitbewohner. Mit diesem können Sie keine Ehe schließen, da Sie schon verheiratet sind. Sie können aber mit Ihrem Mitbewohner in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, denn hier ist (wegen § 5 EheG) die Eheschließung nicht grundsätzlich, sondern nur derzeit noch ausgeschlossen (VGH BW NJW 1996, S. 2178).

Nachweis der eheähnlichen Gemeinschaft
Letztlich kann weder ein Sachbearbeiter des Sozialamtes noch ein Richter eindeutig feststellen, ob zwei Menschen eheähnlich zusammenleben oder nicht. Denn welcher Außenstehende kann schon darüber befinden, ob sich z. B. Ihre "Wohngemeinschaft" durch eine innere Bindung auszeichnet. Aus diesem Grund benutzen die Sachbearbeiter des Sozialamtes (und Richter) Indizien. Solche Indizien können z. B. sein:

· gemeinsame Kinder, die mit Ihnen in der Wohnung leben
· wenn Sie zusammenleben und ein gemeinsames Kind erwarten
· gemeinsame Girokonten und Sparbücher
· Hinweise für ein gegenseitiges Verantwortungsbewusstsein.

Kriterien für die "Verantwortungsgemeinschaft" könnten z. B. ein langjähriges Zusammenleben oder das gemeinsame Versorgen eines Angehörigen, der mit Ihnen zusammen lebt, sein (BVerfGE 87, 265)

· Der Anlass für das Zusammenziehen. Wenn Ihr Mitbewohner z. B. seine ehemalige Wohnung in einer entfernt gelegenen Stadt aufgegeben hat, um mit Ihnen zusammenzuziehen. Wenn er darüber hinaus noch seine bisherige Arbeitsstelle kündigt und an seinem neuen Wohnort eine schlechter bezahlte Stelle annimmt, dann ist dies ein Indiz dafür, daß es sich bei Ihrer Wohngemeinschaft nicht um eine reine Zweckgemeinschaft handelt

· Feststellungen aufgrund eines (unangemeldeten) Hausbesuches.

Der Sozialhilfeträger ist berechtigt, Ermittlungen anzustellen, um festzustellen, wie Sie mit Ihrem Mitbewohner zusammenleben.

Zu den Ermittlungen zählt auch ein Hausbesuch (VG Braunschweig, info also 2/85 S. 53, VG Frankfurt, info also 2/85, S.60 u. Gutachten des NDV 1986, S. 332). Es haben sich sogar Richter gefunden, die der Streichung der Sozialhilfe zugestimmt haben, weil jemand einen unangemeldeten Hausbesuch des Sozialamtes nicht zulassen wollte (OVG Münster vom 22.2.1989, NJW 1990, S. 728). Kontrollen von Kühlschränken, Bädern, Schlafzimmern usw. bieten aber keinen Nachweis dafür, dass Sie sich gegenseitig unterstützen. Sie können somit auch keinen Aufschluss darüber geben, dass Sie für einander einstehen oder ein gegenseitiges Verantwortungsbewusstsein entwickelt haben. (Münder ZfSH/SGB 1986, 199ff.; Giese in ZfS, 1989, 139).
Es geht mehr darum, dass der Sozialhilfeträger sich ein Gesamteindruck von Ihrem Zusammenleben macht.

· Intime Beziehungen werden ebenfalls als Indiz für den Bestand einer eheähnlichen Gemeinschaft angesehen. Es ist aber unzulässig, Nachforschungen darüber anzustellen. Sie sind auch nicht verpflichtet, diesbezüglich Auskünfte zu geben (BVerfGE 87, 234; BVerwG NJW 1995, 2803)

Es ist unerheblich, ob Sie und Ihr Mitbewohner es sich vorbehalten, jeweils einen Raum alleine zu nutzen. Dies ist kein Beweis dafür, dass Ihr Zusammenleben nicht mit einer Ehe verglichen werden kann, denn auch in einer Ehe kommt es vor, daß jedem Partner ein Raum zu seiner ausschließlichen Benutzung vorbehalten ist.


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Re: Administrator an "Putenschnitzel"

Neuer Beitragvon Schaf » Freitag 27. August 2004, 09:46

Horst aus FD hat geschrieben:Bei der sog. Aktion Mensch unter http://www.familienratgeber.de ist das mit dem Solidarverhalten für Rat- und Hilfesuchende z.T. wohl anders.


Hallo Horst,
habe mal nachgelesen!
Kann nur hoffen, dass du hier wirkliche Hilfe erfährst, die du auch anwenden und auf deine Problematik umsetzen kanns.

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Hilfe für Betroffene

Neuer Beitragvon Horst aus FD » Freitag 27. August 2004, 10:05

Hallo "Schaf",
ich D A N K E Ihnen. Menschen, die was fordern, auch wenn sie 10 mal im Rechten sind, werden in der Bevökerung oft angegiftet.
Ich habe an diesem Ort wahrlich bisher die meiste Hilfe erfahren, so in keinem anderen Forum. Dafür DANKE ich diesem Team hier.
Ich meinerseits konnte in anderen Foren auch schon Menschen helfen. Nur in meinem Falle, bei mir und meiner Mutti, die seit 1982 im Heim lebt, da will es mir einfach nicht gelingen; NOCH NICHT. Ich weiß aber auch, daß es viele , viele Menschen gibt, die sich mit noch schlimmerem Schicksal und Behördendrangsal herumschlagen müssen in diesem Parteienstaat mit der von ihm errichteten Behördendiktatur zur Kebelung des "Wählervolkes".
Sie können bitte sicher sein, daß ich mein Wissen, meine gemachten Erfahrungen auch hier weiter einbringen werde.
Als Bürger, als Betroffener ist man oft Einzelkämpfer.
Die Solidarbewegung um das bösartige Hartz IV - Machwerke stimmt mich insgesamt optimistischer. Möge es nicht verpuffen.
Ihnen gute Wünsche und aufrichtiges Dankeschön aus Fulda.
Ihr Horst
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Re: Hilfe für Betroffene

Neuer Beitragvon Schaf » Freitag 27. August 2004, 13:13

[quote="Horst aus FD"
Menschen, die was fordern, auch wenn sie 10 mal im Rechten sind, werden in der Bevökerung oft angegiftet.
Nur in meinem Falle, bei mir und meiner Mutti, die seit 1982 im Heim lebt, da will es mir einfach nicht gelingen; NOCH NICHT. Ich weiß aber auch, daß es viele , viele Menschen gibt, die sich mit noch schlimmerem Schicksal und Behördendrangsal herumschlagen müssen
Ihr Horst[/quote]

Hallo Horst,
ein Alleinkämpfer hat es immer schwer.
Ein ewiger Kampf gegen Windmühlen, der mir nur all zu bekannt ist.
Ich kann dir nur wünschen,
dass dein schweres Schicksal einmal zu einem guten Ende kommt.

Kopf hoch!
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Neuer Beitragvon Moderator » Samstag 28. August 2004, 18:58

Hallo putenschnitzel,

Wenn es rechtlich so ist, wie Du beschrieben hast,


Meine rechtlichen Subsumptionen der ehehähnlichen Gemeinschaft sind völlig korrekt und ich verbürge mich auch dafür.

dann verstehe ich nicht, weshalb sich Partner wieder getrennte Wohnungen suchen, um der Anrechnung des Partnereinkommens zu entgegen.


Die wenigsten Hilfesuchenden kennen sich in der Materie aus und Sachbearbeiter lügen wie gedruckt. Es ist (leider) immer noch so, daß viele Hilfesuchenden den verlogenen Sachbearbeitern glauben. Sie scheuen sich auch den Rechtsweg zu beschreiten. Deshalb gehen sie den Weg des geringsten Widerstandes, was man zwar nachvollziehen kann, aber so wird sich nie etwas ändern.

Deinen Ausführungen nach handeln viele SA eindeutig rechtswidrig.


Genau so ist es!


Bei ALG II gibt es auch keine Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Mitbewohner. Dort heißen nur die §§ anders (§ 20 und 36).
Eine Unterhaltsverpflichtung in eheähnlichen Gemeinschaften wäre verfassungswidrig.


Grundsätzlich möchte ich nicht, daß Anfragende irgendwie erschreckt werden, auch wenn deren Anfrage noch so seltsam oder abzockerisch erscheint. Ich finde es außerdem falsch, wenn sich Hilfesuchende oder Hilfebezieher gegenseitig etwas neiden oder anmosern.
Ich möchte auch hier in Fragen und Antworten keine großen Diskussionen führen, da diese meistens nur den Zweck haben, den Hilfesuchenden zu verunsichern. Das möchte ich hier nicht.

@ schaf

In Fragen und Antworten geht es nicht um Meinungen!

Und ob das Forum hier zum Diskutieren ist, bestimmst Du nicht.

In Fragen und Antworten werden rechtliche Subsumtionen oder Tips gegeben, die dem Hilfesuchenden weiterhelfen können.

Wenn Du über die eheähnliche Gemeinschaft diskutieren willst, bist Du hier falsch. Mache einen Thread im der Labereckeauf, aber hier bitte nicht.

Hier wird auch niemand Honig um den Bart geschmiert. Hier wird die korrekte rechtliche Subsumtion der eheähnlichen Gemeinschaft erklärt und fertig.

Im Übrigen ist die Rechtssprechung in Bezug auf die eheähnliche Gemeinschaft und der nicht vorhandenen Unterhaltspflicht eindeutig. Es gibt sie nicht.
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Neuer Beitragvon Schaf » Samstag 28. August 2004, 20:14

Moderator hat geschrieben:

@ schaf


Wenn Du über die eheähnliche Gemeinschaft diskutieren willst, bist Du hier falsch. Mache einen Thread im der Labereckeauf, aber hier bitte nicht.






Zu Befehl!

siehe hier:

http://www.sozialhilfe-pragmatik.org/sh ... ?p=863#863



Schaf
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Neuer Beitragvon Moderator » Sonntag 29. August 2004, 11:02

Hallo schaf,

so ist es recht :P

Ich mag Menschen, die lernfähig sind :-P

Nur weiter so 8-)
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@ Bernhard

Neuer Beitragvon Bernhard » Montag 30. August 2004, 09:27

Hallo Bernhard!

Dein Text wurde entfernt, weil er nicht den Vorgaben des Forums Fragen und Antworten entsprach.

In Fragen und Antworten werden die Anfragenden/Hilfesuchenden absolut in Ruhe gelassen mit irgendwelchen Vorwürfen oder Kommentaren, die z.B. dazu dienen den Fragenden zu verunsichern oder etwas zu neiden.

Es geht in Fragen und Antworten nicht um Meinungen!

Ich hoffe, Du kannst das in Zukunft leisten.
Bernhard
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